Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent
*24. März 1945 †20. September 2016

Als sich Curtis Hanson als Regisseur und Co-Autor an die James-Ellroy-Adaption L.A. Confidential (1997) wagte, galt er schon als solider Thriller-Handwerker, legte mit diesem Film aber sein Meisterstück vor. Er und Co-Autor Brian Helgeland brachten Ellroys mehrere hundert Seiten starkes Biest von einem Crime-Epos auf filmtaugliche 138 Minuten, indem sie sinnig Figuren und Handlungsstränge wegließen, ohne die Grundgeschichte um drei grundverschiedene Cops zu verwässern, von denen jeder auf seine eigene Weise in eine gigantische Verschwörung gerät.

Curtis Hanson mit Drew Barrymore am Set von GLÜCK IM SPIEL (© Warner Bros.)

Einige Aspekte wurden brillante Weise an eine Filmdramaturgie angepasst – die ›Rollo Tomasi‹-Szenen gibt es in der Vorlage beispielsweise nicht. Als Regisseur ließ Hanson die 1950er in diesem Neo-Noir mit Stil und Spannung auferstehen. Außerdem kitzelte er Bestleistungen ebenso aus Kevin Spacey, Russell Crowe und Guy Pearce, die damit in Hollywoods erste Liga aufstiegen, heraus wie aus Kim Basinger, die zwar schon ein Star war, aber zuvor regelmäßig auf ihr Äußeres reduziert wurde. Ein Oscar für das beste adaptierte Drehbuch war der Lohn für Hanson, weitere Goldjungen (bis auf einen für Basinger) waren im Jahr von Titanic (1997) nicht drin.

Film war früh das Medium der Wahl für den Autodidakten. Im Abschlussjahr brach er die Highschool ab, um fortan als Autor, Redakteur und Fotograf zu arbeiten, vor allem für die US-Filmzeitschrift Cinema, die seinem Onkel gehörte. Für die Publikation interviewte er Filmlegenden wie John Ford, Vincente Minnelli und Dalton Trumbo, später stieg er zum Chefredakteur auf.

Bald reichte Hanson das journalistische Schreiben nicht mehr. Er ging unter die Drehbuchautoren und verfasste unter anderem die H.P.-Lovecraft-Adaption Voodoo Child (1970), das Katz-und-Maus-Spiel Dein Partner ist der Tod (1978) und Samuel Fullers Rassismus-Thriller Der weiße Hund von Beverly Hills (1981). Schnell durfte er auch Regie führen, begann mit kleinen Filmen, darunter die flache Teeniekomödie Die Aufreißer von der Highschool (1983) mit dem jungen Tom Cruise in einer Hauptrolle.

Curtis Hanson mit Eric Bana am Set von GLÜCK IM SPIEL (© Warner Bros.)

Hanson gehörte ähnlich wie Brian De Palma, Dario Argento und Jaume Collet-Serra zu jenen Regisseuren, die gern ihrem erklärten Vorbild Hitchcock huldigen. Der in Reno geborene Hanson nutzte seine ersten beiden größeren Produktionen überdeutlich dazu. Der von ihm selbst geschriebene Das Schlafzimmerfenster (1987) ist nicht nur vom Titel her eine Hommage an Das Fenster zum Hof (1954), sondern erzählt auch von einer verheirateten Frau, die einen Mord beobachtet, aber ihren Lover zu Polizei schickt, damit ihre Affäre nicht auffliegt.

Todfreunde – Bad Influence (1990) über einen charismatischen Soziopathen, der sich in das Leben eines schüchternen Bürohengstes drängt, wird oft mit Hitchocks Patricia-Highsmith-Adaption Der Fremde im Zug (1951) verglichen.

Zwei weitere Spannungs-Hits zementierten Hansons Status und ebneten den Weg für L.A. Confidential. Die Hand an der Wiege (1992) war sein Beitrag zu jener Welle von Thrillern, in denen sich Eindringlinge im Leben von Durchschnittsleuten einnisten (hier ist es Rebecca De Mornay als rachsüchtiges Kindermädchen mit eigener Agenda). Am wilden Fluss (1994) lässt Meryl Streep plus Filmfamilie bei einem Rafting-Trip in die Hände flüchtiger Räuber (u.a. Kevin Bacon) fallen.

Curtis Hanson mit Eminem am Set von 8 MILE (© Universal)

Nach dem prestigeträchtigen L.A. Confidential nutzte Hanson die Chance in anderen Genres zu reüssieren, drehte unter anderem die launige Komödie Die WonderBoys (2000) mit Michael Douglas als unkonventionellem Uni-Professor und Tobey Maguire als dessen Protegé, die Rap-Biographie 8 Mile (2002) über Hauptdarsteller Eminem und das Poker-Märchen Glück im Spiel (2007), dessen böser Flop eine lange Erfolgssträhne des Regisseurs beendete.

Die Dreharbeiten zu seinem letzten Film, dem Surferdrama Mavericks – Lebe deinen Traum (2012), musste Hanson aufgrund von Nachwirkungen einer Herz-OP abbrechen, Michael Apted übernahm. Im gleichen Jahr musste der Filmemacher seine Position als Vorsitzender des UCLA Film & Television Archives aufgeben, da er eine Demenzerkrankung im fortgeschrittenen Stadium hatte, an der er am 20. September 2016 verstarb. Die Filmwelt verlor nicht nur einen Großen des Thrillerskinos, sondern einen Könner aller Genres.

Nils Bothmann

Dieser Beitrag stammt aus dem Filmkalender 2025. Auch der Kalender für 2026 enthält Portraits von Filmschaffenden und spannende Textbeiträge.