Der Blog des Schüren Verlags über Kino, Medien, Filme und was sonst so betrachtet werden kann

Kategorie: Praxis (Seite 1 von 4)

Auf den Spuren der Kameraleute: Eine Suche in Archiven und Nachlässen

Hans Albrecht Lusznat über seine Recherchen zum Entstehen der Kameraverbände in Deutschland für das Buch Unter Kameraleuten.

Am Anfang stand die Jahreszahl 1925, an der sich vor 100 Jahren zum ersten Mal die Kameraleute zu einem Berufsverband zusammengeschlossen haben sollten. Diese Zahl wurde schon seit längerer Zeit immer wieder kolportiert, obwohl sich dafür in einer Internetrecherche keine Belege finden ließen. Diejenigen, die das Jahr 1925 ins Spiel gebracht hatten, sind inzwischen alle verstorben. Die ältesten heute noch lebenden Kameraleute sind erst in der Nachkriegszeit gegen Ende der 1950er Jahre in den Beruf gestartet und können daher das damals schon gut 30 Jahre zurückliegende Gründungsereignis nur aus den Erzählungen der Altvorderen kennen.

Besuch des Klubs für Kameratechnik KfK im Agfa Versuchsatelier am 12. Dezember 1932
© Guido-Seeber-Archiv, Deutsche Kinemathek
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Xenia Forever!

Doris Senn zur Entstehung ihres Buchs Frauenkino Xenia – Zürich

Die Idee, ein Buch übers Frauenkino zu schreiben, begleitet mich schon lange. Von 1993 bis 1999 war ich selbst Aktivistin des Xenia, dieses Zürcher Kinos «von Frauen für Frauen». Ebenso lange begleiten mich die Programmplakate, die ich damals sammelte und die mehr als einen Umzug überstanden. Diese sollten – wenn… – unbedingt Eingang finden in die Publikation. Vor allem aber sollte darin die Projektgeschichte dokumentiert, dem Xenia als bedeutendes feministisches Projekt Hommage erwiesen werden. Doch immer fehlte es an Zeit. Anderes war dringlicher: das Schreiben über Film, Brotjobs, Engagements hier und da.

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Spannende Filmfiguren erfinden

Pablo Hagemeyer stellt das ‚Schalenmodell der Persönlichkeit‘ vor

Damit Filmfiguren komplex und lebendig werden, benötigen sie eine individuelle Kombination bekannter Persönlichkeitseigenschaften. Hierzu schlage ich das Schalenmodell der Persönlichkeit vor. Darin schichten sich wie die Schichten einer Zwiebel, ein Storytelling-Modell wie es Autoren geläufig ist, oder wie ein Globus mit seinen Schichten aus Erde und Gestein, die sich um einen in der Tiefe liegenden Kern aufschichten.

Das Schalenmodell der Persönlichkeit
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Auf den Spuren von ‹Winnetou› in Kroatien

Ein Auszug aus der Neuauflage des Filmreiseführers «on location: Kroatien. Auf den Spuren von ‹Winnetou› und ‹Game of Thrones›»

Kaum ein anderes Alleinstellungsmerkmal der kroatischen Landschaft hat sich so in die Erinnerung der Zuschauer eingebrannt wie die grandiosen Bergwelten Mali Alan / Tulove Grede mit ihren weißen Felsen. Nugget Tsil, das Goldversteck der Apachen in Winnetou 1, die «Geier-Wiese» in Unter Geiern oder das «Tal der Skelette» in Old Surehand 1. Teil wurden erst durch diesen faszinierenden Hintergrund zu beeindruckenden Locations. Auch internationale Großproduktionen wie Dschingis Khan (1965) und Hercules (2014) nutzten dieses Panorama.

Mali Alan: Oberhalb der «Grünen Wiese» fallen die Fingerfelsen ins Auge. Die Sterbeszene in
‹Winnetou 3› (1965) wurde oberhalb der Wiese gedreht.
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«Von den Figuren her denken» – Ein Gespräch mit Thomas Arslan

Ein Auszug aus Band 86 der Zeitschrift AugenBlick: Ein Gespräch mit Thomas Arslan

Das Gespräch mit Thomas Arslan (TA) haben Özkan Ezli (ÖE) und Bernd Stiegler (BS) am 29. und 30. Juli 2022 in Berlin geführt.

BS: Wir würden gerne mit dir zu Beginn über den Stadt- und Naturraum sprechen, weil beide Räume oder Raumordnungen in deinen Filmen eine große Rolle spielen. In allen deinen Filmen geht es auch um das Durchqueren und Kartieren von Räumen. Bei Mach die Musik leiser ist es Essen; das ist schon etwas länger her. Bei der Berlin-Trilogie erst die Gegend um das Kottbusser Tor, dann bei Der schöne Tag andere Teile von Berlin zwischen Tiergarten, Mitte und Kreuzberg. Auch Im Schatten ist ein Berlin-Film und beginnt mitten in der Stadt in der Nähe der Friedrichstraße und mit der U-Bahn-Station Stadtmitte. Am Ende sind es die Randgebiete und zwischendrin allerlei Transiträume. Meine Frage wäre nun: Ist Berlin ein heimlicher Protagonist deiner Filme?

Florian, Frank und Andy warten auf Freunde (Mach die Musik leiser, 1993/94)
Florian, Frank und Andy warten auf Freunde (Mach die Musik leiser, 1993/94)
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Echtzeit im Spielfilm

Ein Auszug aus FilmZeit – Zeitdimensionen des Films über den Film Victoria (2015)

‹Echtzeit› klingt nach Authentizität, nach unverfälschter, unmittelbar direkter Darstellung und ‹live dabei sein›. Als Eigenzeit des Filmischen wird das Konzept der Echtzeit technisch zunächst mit einer Plansequenz in Verbindung gebracht. Plansequenzen laufen als lange Einstellungen in Echtzeit ab, um Kontinuität zu erzeugen und realistisch zu wirken.

Es gibt in vielen Filmen Echtzeit-Sequenzen. Seltener sind extrem lange Plansequenzen. Besonders rar sind Filme, die durchgängig in Echtzeit ablaufen. Manche von ihnen sind als Plansequenzen gedreht, wie Mike Figgis’ Timecode (USA 2000), Alexander Sokurovs Russian Ark (RUS u. a. 2002) und Sebastian Schippers Victoria (D 2015).

VICTORIA – Boxer wird zum Bankraub verpflichtet (D 2015)
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Das richtige Bild

Gedanken zur Gestaltung von bewegten Bildern

»Michael, I do not know, when do I have to move the camera?« eine beherzte Frage aus dem Auditorium der Columbia University, von jemandem, der seinen ganzen Mut zusammengenommen hat, »Maybe it is a silly question«. Ich bin hier, zum zweiten Mal schon, als guest lecturer für die Studentinnen und Studenten dort, die alle Regie, Drehbuch oder Produktion studieren. Vor mir sitzen aber hauptsächlich die Regieleute. Eine Kameraklasse, Bildgestaltung gibt es an der Columbia nicht. Unheimlicher Respekt vor der Arbeit, dem Handwerk, der Kunst der Bildgestaltung. Daher die anfänglichen Berührungsängste, auch die Frage wird mir gestellt: Wie spreche ich überhaupt mit einem DoP (Director of Photography). Aber nachdem ich einige der Student:innen im one to one kennengelernt hatte, wo wir ihre Drehbücher unter den dramaturgischen, aber auch technischen Gesichtspunkten der Bildgestaltung durchgearbeitet haben (Lichtdramaturgie, Auflösung, Farbgestaltung) und sich herumgesprochen hat, dass man sich mit Kameraleuten, Directors of Photography durchaus unterhalten kann, füllt sich der Terminkalender und die beiden freien Tage sind perdu. Dann die Abendveranstaltung, der »Indie-Hit«, von dem alle träumen, wie die Regiekollegin meinte, die Projektion von Mostly Martha, der in New York und anderen amerikanischen Städten ein, genau, »Indie-Hit« war, die Stimmung ist gelöst und die Diskussion nach dem Film, wie immer mit Filmstudierenden, erfrischend, herausfordernd und anstrengend.
When do I have to move the camera? Die Frage erwischt mich kalt.

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Filmen ohne Schnitt

Martin Jehle über die Faszination für das Ungeschnittene

Meine ersten Kurzfilme habe ich gedreht, als ich noch zur Schule ging. Viel von dem, was ich für die Filmpraxis benötigte, habe ich mir damals durch Filmbücher beigebracht. Neben filmpraktischen Ratgebern und Büchern zur Filmgeschichte habe ich zu dieser Zeit einiges über Stanley Kubrick gelesen, der kurz zuvor seinen letzten Film Eyes wide shut fertiggestellt hatte und dann gestorben war. Sein Diktum, dass er nur dann schneide, wenn es notwendig sei, hat mich schon früh bei meiner Suche nach einer eigenen Filmsprache angeleitet. Wofür und wann war klassische Bildmontage denn überhaupt notwendig? Die Frage, wie lange ich einen Schnitt vermeiden oder zumindest hinauszögern kann, hat mich seitdem bei jedem neuen Filmprojekt begleitet. Mit dem Film Mein Letztes Band (2006) habe ich mich an diversen Filmhochschulen und letztlich erfolgreich an der Stiftung Universität Hildesheim beworben.

Martin Jehle: Mein letztes Band (2006)
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