Wie Frauen ihren Platz in der Filmbranche erobern

Frauen und Film – da dachte man viele Jahre nur an Schauspielerinnen und Filmdiven. Ihr Ruhm begründete sich vor der Kamera, nicht dahinter.

Aber in den letzten 50 Jahren haben sich Frauen in allen Disziplinen des Films ihren Platz erobert. Sie sind heute überall präsent, wo Filme erdacht, geplant, geschaffen, verliehen, gefeiert und vermittelt werden. Sie sind Regisseurinnen, Autorinnen, Produzentinnen und reüssieren auch in technischen Disziplinen. Dachte man lange, Kameraarbeit sei wegen des Gewichts der Apparate unbedingt Männersache, so sind Kamerafrauen heute selbstverständlich. Judith Kaufmann und Agnes Godard sind Preisträgerinnen des in Marburg verliehenen Kamerapreises. Es dauerte allerdings bis 2010, dass eine Frau in der Königsklasse der Regie mit dem «Oscar»ausgezeichnet wurde, nämlich Kathryn Bigelow 2010 für The Hurt Locker. In kaum einem Bericht darüber fehlte der Hinweis auf diese Bastion, die nun gefallen sei.

In diesem Jahr, 2021, ging der «Oscar» wieder an eine Frau, nämlich an Chloé Zhao für Nomadland. Als beste Schauspielerin wurde Frances McDormand ausgezeichnet.

Vorbei also die Zeit der Männerdomänen? Herrscht in der modernen Mediengesellschaft Gleichberechtigung?

Noch immer werden die Leistungen von Frauen im Film nicht richtig sichtbar
Foto: Fotolia

Wo stehen die Frauen heute?

Bettina Schoeller-Bouju und Claudia Lenssen sind dem Wahrheitsgehalt dieser Vermutung nachgegangen und wollten wissen, welchen Anteil Frauen am deutschen Film wirklich haben und wie dieser wahrgenommen wird. Bleiben Frauen nicht immer noch unsichtbarer als ihre männlichen Kollegen? Sie haben 80 jüngere und ältere Frauen, aus dem Osten und dem Westen, vor der Kamera oder hinter der Kamera tätig befragt. Spielt Geschlecht noch eine Rolle? Gibt es Unterschiede in den Themen? Wie wird der Arbeitsalltag organisiert? Was hat Filmkunst mit Geschlecht zu tun?

Herausgekommen ist ein dickes Buch (Wie haben Sie das gemacht? Aufzeichnungen zu Frauen und Filmen), ein spannendes und vielfältiges Mosaik weiblicher Karrieren und Lebensentwürfe, von nicht überwundenen Problemen, alten Konflikten, von tollen Erfahrungen und deprimierenden Altlasten – aber immer geprägt von der Leidenschaft fürs Filmemachen.

Man kriegt nichts geschenkt

Die Regisseurin Iris Gusner schreibt über ihre Erfahrungen in der DDR: «Natürlich wusste ich, wie viele Schwierigkeiten einen Filmregisseur erwarten können, Schwierigkeiten gehören zum Berufsbild, klar. Und dass ich als Frau eine doppelte Belastung durch die Kinder hatte, war auch klar. Aber erst mit den Jahren fiel mir auf, dass das Gehalt meiner männlichen Kollegen immer höher war als meins und schneller stieg, und dass sie bei gleichem oder auch bei geringerem Einsatz von Talent, Fleiß und Anstrengungen schneller zu gesellschaftlichem Ansehen, nützlichen Beziehungen, finanziellen Sicherheiten und Ehrenämtern gelangten … Und dass die Presse sich ihnen gegenüber nie so unverschämt verhielt wie gegen mich.»

Liebe zum Kino

Marijana Stojsits ist Geschäftsführerin der Vienna Film Commission und gibt jungen Frauen den Rat: «Holt euch das Geld ab! Lasst euch nicht mit Brotsamen abspeisen, geht aufs große Geld! Traut euch mehr zu und fahrt, wenn nötig, auch die Ellenbogen aus! Vernetzt euch, denkt und handelt strategisch! Von vermeintlich vornehmer Zurückhaltung kommt nichts. Da kann man viel von Männern lernen. Man kriegt als Frau nichts geschenkt, man muss es sich schon holen, auch wenn einem der Wind scharf ins Gesicht bläst. Aber das auszuhalten lohnt sich. Was Männer können, können Frauen schon lange!»

Wie haben Sie das gemacht? ist eine lesenswerte Anthologie, die vielfältige, oft ganz unterschiedliche Erfahrungen und Erwartungen von Frauen in der Filmbranche dokumentiert. Bei allen Unterschieden in der Tätigkeit, der Ausbildung und den Konfliktlagen gibt es eine Gemeinsamkeit: Die Liebe zum Kino.