Der Blog des Schüren Verlags über Kino, Medien, Filme und was sonst so betrachtet werden kann

Kategorie: Filmwissen (Seite 4 von 7)

François Truffaut zum Geburtstag

* 6. Februar 1932, ✝ 21. Oktober 1984

Einen Streich spielen, spontan den eigenen Impulsen folgen, hektisch herbeieilen, um dann doch eine schüchterne Bemerkung zu machen, aufgebrachtes Briefeschreiben und Küsse in allen Varianten – verstohlene bis leidenschaftliche, bisweilen gar geraubte. Die Bilder, die François Truffauts Filme immer wieder aufrufen, sind erfüllt von einer Empathie für emotionale Nonkonformität. Für Flüchtende, Dissidenten, Untreue, für Exaltierte und Exilierte.

François Truffaut (r.) mit Jean Dasté und Jean-Pierre Cargol (Mitte) in Der Wolfsjunge (F 1970), © 20th Century Fox

1954 legt Truffaut als Kritiker der Cahiers du cinéma dar, dass er gerade diese Nähe zu den Protagonisten, diese Suche nach dem Authentischen, im zeitgenössischen französischen Film vermisst. Eine bleierne, überhebliche «Tradition der Qualität» habe sich etabliert, polemisiert er, in der gefühlskaltes bürgerliches Kino entstehe – das «cinéma du papa» nämlich, auf das sich acht Jahre später auch der Schlachtruf des Oberhausener Manifests bezieht: «Papas Kino ist tot!» Truffaut fordert in Eine gewisse Tendenz im französischen Film ein «Kino der Autoren»: Es gelte eigenständige Formensprachen zu prägen, Film als Kunstform, Regisseure als Künstler ernst zu nehmen.

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Was Sie schon immer über Kino wissen wollten…

Kurioses aus der Welt des Films

Ungezählte Filme wurden in der mittlerweile fast 120-jährigen Filmgeschichte gedreht. Die «Internet Movie Database» listet weit über zwei Millionen Kino-, Fernseh- und Videoproduktionen; darunter über 300.000 Kinostreifen (mehr als 275.000 Spiel- und über 40.000 Dokumentarfilmproduktionen). Die Jahresbände des «Lexikon des internationeln Films» nehmen inzwischen zwei Regalmeter ein

Diese Fülle bietet viel Material für ernsthafte Betrachtungen. Stefan Volk hat allerdings ein Kompendium der besonderen Art verfasst: eine lockere Sammlung wissenswerter, kurioser und unterhaltsamer Fakten, Zahlen, Anekdoten und sonstiger Trouvaillen aus dem Bereich Kino und Film. Sinniges und Unsinniges taucht darin gleichermaßen auf, und man kann sich darüber streiten, was genau jetzt wozu gehört. Wir geben hier nur eine kleine Auswahl wieder.

Aus welchem Film bin ich und was sage ich? Die bekanntesten Zitate der Kinogeschichte (Zeichnung: Bo Soremsky)
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Hit it!

1991 löst Thelma und Louise als erstes feministisches Road Movie eine Kontroverse aus. Das liegt auch an der Verbindung von Gender und Genre

Thelma (Geena Davis) und Louise (Susan Sarandon) finden sich nach einer wilden Flucht durch die USA in einer ausweglosen Situation wieder: Hinter ihnen ein Heer bis an die Zähne bewaffneter Cops, über ihnen kreist brüllend ein Helikopter. Nichts als Lärm, Staub, Sand und kein Weg zurück. Vor ihnen klafft der Abgrund des Grand Canyon. Beide schauen einander ein letztes Mal an und Louise tritt das Gaspedal ihres Ford Thunderbird durch, bis beide Hand in Hand über die Klippen in den blauen Himmel rasen und der Film in einer Weißblende endet.

Vor dem Sprung: Geena Davis und Susan Sarandon in Thelma und Louise (1991) ©MGM
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30. Todestag von Klaus Kinski

18.10.1926  – 23.11.1991

Vor 30 Jahren starb der legendäre Schauspieler Klaus Kinski. Besonders bekannt ist er durch seine Zusammenarbeit mit Werner Herzog – und die teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Filmschaffenden. Zum Anlass des 30. Todestages von Klaus Kinski bringen wir hier einen Auszug über die Beziehung zwischen Kinski und Herzog aus Josef Schnelles Buch Eine Welt ist nicht genug: Ein Reiseführer in das Werk von Werner Herzog.

Besonders denkwürdig sind Herzogs Kämpfe mit dem egozentrischen Hauptdarsteller Klaus Kinski, den er in Aguirre, der Zorn Gottes 1972 und dann weitere fünfmal besetzte und mit vollem, auch körperlichem und psychischem Einsatz das Beste aus ihm herausholte, was er in seiner subjektiven Dokumentarchronik Mein liebster Feind 1999 zum zentralen Thema gemacht hat.

Sein 'liebster Feind' Klaus Kinski geht Werner Herzog an die Gurgel.
Sein ‘liebster Feind’ geht Herzog an die Gurgel (Bild: Studiocanal)
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Roddenberrys Idee

Star Trek – Die Mutter aller Qualitätsserien

In den letzten Jahren hat sich in den Feuilletons und natürlich auch beim Publikum ein regelrechter Hype um neue Formate des «Qualitätsfernsehen» entwickelt. Serien wie Die Sopranos, Lost, Deadwood, The Wire, Mad Men gelten als die eigentlich modernen Formate der audiovisuellen Unterhaltung.

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Aufstieg, Fall und Comeback des phantastischen Kinos

Sassan Niasseri über die Fantasy- und Sci-Fi-Filme, die seine Kindheit prägten

Meine Kindheit endete nicht mit dem ersten Kuss. Sie endete viel früher, mit 10 Jahren. Schuld daran war Chuck Norris.

Jeder, der in den 1980er-Jahren wissen wollte, was in den kommenden zwölf Monaten in die Kinos kommt, griff zum «Film-Jahrbuch» der Zeitschrift «Cinema». Das «Film-Jahrbuch» war meine Bibel. Sie war auch meine Kindheit. Die Umschläge dieser jährlich erschienenen Kompendien setzten sich aus verschiedenen Filmbildern zusammen. Und in den Jahren 1981 bis 1985 war meine Welt noch in Ordnung, war die Kinowelt noch in Ordnung, war meine Kindheit noch in Ordnung – weil die «Cinema»-Fotos, eine strenge Auswahl anstehender Highlights, mir bewiesen, dass es nicht Wichtigeres im Kino gibt als Fantasy-und Sci-Fi-Filme. Am wichtigsten war das Foto in der Mitte. 1981 prangte Superman auf dem Cover. 1982 Conan der Barbar. 1983 E.T. 1984 duellierten sich Luke Skywalker und Darth Vader mit ihren Lichtschwertern. 1985 gab’s das Supergirl, ein schlimmer Streifen, aber das konnte man ja nicht wissen, die Jahrbücher waren keine Bilanzen, sie waren Vorschauen auf die nächsten zwölf Monate. Heute erfahren wir nicht erst zwölf Monate, sondern schon zwei Jahre vorher, dass die Dreharbeiten zu einem neuen Dune beginnen, der dann wiederum erst vier Jahre später ins Kino kommen würde. Aber damals gab es kein Internet. Es gab nur die dicken Wälzer von «Cinema» . Und deren Redakteure fuhren mehr oder weniger auf Sicht.

Und dann kam Chuck Norris. Für 1986 erhielt nicht eine Fantasy-Figur, sondern der ehemalige Martial-Arts-Star den prominenten Platz auf dem größten Foto des Jahrbuchs. Aufgeknöpftes Jeans-Hemd, eine Uzi links, eine Uzi rechts, es könnte sein Auftritt in Delta Force gewesen sein. Ich fand es faul, mit Norris aufzumachen. Das war Action, nicht Fantasy. Mir dämmerte da was. Ich konnte es nicht in Worte fassen, heute würde ich mit viel Pathos sagen: «Die Ära der Fantasy-Filme neigte sich dem Ende zu». Und die «Cinema» hatte darauf reagiert, mit Chuck Norris. Das war nicht mehr mein Kino. Ich war erledigt, mit zehn Jahren schon.

Der Anfang vom Ende: Chuck Norris in Delta Force, 1986 (© Yoni S. Hamenahem)
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Das richtige Bild

Gedanken zur Gestaltung von bewegten Bildern

»Michael, I do not know, when do I have to move the camera?« eine beherzte Frage aus dem Auditorium der Columbia University, von jemandem, der seinen ganzen Mut zusammengenommen hat, »Maybe it is a silly question«. Ich bin hier, zum zweiten Mal schon, als guest lecturer für die Studentinnen und Studenten dort, die alle Regie, Drehbuch oder Produktion studieren. Vor mir sitzen aber hauptsächlich die Regieleute. Eine Kameraklasse, Bildgestaltung gibt es an der Columbia nicht. Unheimlicher Respekt vor der Arbeit, dem Handwerk, der Kunst der Bildgestaltung. Daher die anfänglichen Berührungsängste, auch die Frage wird mir gestellt: Wie spreche ich überhaupt mit einem DoP (Director of Photography). Aber nachdem ich einige der Student:innen im one to one kennengelernt hatte, wo wir ihre Drehbücher unter den dramaturgischen, aber auch technischen Gesichtspunkten der Bildgestaltung durchgearbeitet haben (Lichtdramaturgie, Auflösung, Farbgestaltung) und sich herumgesprochen hat, dass man sich mit Kameraleuten, Directors of Photography durchaus unterhalten kann, füllt sich der Terminkalender und die beiden freien Tage sind perdu. Dann die Abendveranstaltung, der »Indie-Hit«, von dem alle träumen, wie die Regiekollegin meinte, die Projektion von Mostly Martha, der in New York und anderen amerikanischen Städten ein, genau, »Indie-Hit« war, die Stimmung ist gelöst und die Diskussion nach dem Film, wie immer mit Filmstudierenden, erfrischend, herausfordernd und anstrengend.
When do I have to move the camera? Die Frage erwischt mich kalt.

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Filmen ohne Schnitt

Martin Jehle über die Faszination für das Ungeschnittene

Meine ersten Kurzfilme habe ich gedreht, als ich noch zur Schule ging. Viel von dem, was ich für die Filmpraxis benötigte, habe ich mir damals durch Filmbücher beigebracht. Neben filmpraktischen Ratgebern und Büchern zur Filmgeschichte habe ich zu dieser Zeit einiges über Stanley Kubrick gelesen, der kurz zuvor seinen letzten Film Eyes wide shut fertiggestellt hatte und dann gestorben war. Sein Diktum, dass er nur dann schneide, wenn es notwendig sei, hat mich schon früh bei meiner Suche nach einer eigenen Filmsprache angeleitet. Wofür und wann war klassische Bildmontage denn überhaupt notwendig? Die Frage, wie lange ich einen Schnitt vermeiden oder zumindest hinauszögern kann, hat mich seitdem bei jedem neuen Filmprojekt begleitet. Mit dem Film Mein Letztes Band (2006) habe ich mich an diversen Filmhochschulen und letztlich erfolgreich an der Stiftung Universität Hildesheim beworben.

Martin Jehle: Mein letztes Band (2006)
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Natalie Portman zum Geburtstag

Geboren am 9. Juni 1981

Eine Fassade als solche präsentieren: Statuenhaft ist das Gesicht, das Natalie Portman zu Beginn von Pablo Larraíns Jackie (2016) der nahezu mythischen Figur der Präsidentengattin leiht. Portman erscheint in diesem Film, der das komplexe Bild einer Frau aus mehreren Identitäten zusammenwebt, als die ideale Besetzung. Die Schauspielerin versteht es, jeder Facette einer Figur – im Falle Jackies die der Ikone, der betrübten oder loyalen Ehefrau, der kühl berechnenden und bewegten Nachlassverwalterin – mit der gleichen Glaubwürdigkeit auszustatten. So entsteht aus heterogenen Rollen langsam eine vielschichtige Person. Brüche werden nachvollziehbar, glatte Oberflächen verdächtig, Unstetes authentisch.

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Neue Schwarze Perspektiven

Boyz N the Hood ist im Jahre 1991 prägend für den Ghettofilm und das New Black Cinema

Dass der Begriff des New Black Cinema im Zusammenhang mit einer Reihe von Filmen, die das Leben der afroamerikanischen Bevölkerung zu Beginn der 1990er thematisierten, aufkam, kann auf mehrere sich ergänzende Weisen ausgelegt werden. So markierten diese Filme eine Abkehr von einer ersten Welle schwarzen Kinos aus den 1970ern, dem Blaxploitation-Film. Dessen Initialzündung Sweet Sweetback‘s Baadasssss Song (1971) ging zwar auf den schwarzen Regisseur und Hauptdarsteller Melvin Van Peebles zurück, viele Folgefilme waren aber von weißen Regisseuren und Produzenten gedreht worden. Außerdem war der Blaxploitation-Film umstritten, gerade beim Zielpublikum: Einerseits fanden schwarze Menschen nun verstärkt souveräne Identifikationsfiguren auf der Leinwand, andrerseits waren dies oft Drogendealer, Pimps oder Vigilanten, die Klischees über die afroamerikanische Bevölkerung ausschlachteten. Während die Coolness und der Swagger der Blaxploitation-Helden in schwarzen Action-Heroen in Werken wie Beverly Hills Cop (1984), Action Jackson (1988) und Bad Boys (1995) weiterlebten, waren diese Filme Mainstream für einen möglichst großen Massenmarkt. Das New Black Cinema erneute dagegen den Appeal des Blaxploitation-Kinos, war zudem aber auch insofern neu, als dass sich viele junge und schwarze Filmemacher daran versuchten, oft außerhalb des Studiosystems.

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