Star Trek – Die Mutter aller Qualitätsserien

In den letzten Jahren hat sich in den Feuilletons und natürlich auch beim Publikum ein regelrechter Hype um neue Formate des «Qualitätsfernsehen» entwickelt. Serien wie Die Sopranos, Lost, Deadwood, The Wire, Mad Men gelten als die eigentlich modernen Formate der audiovisuellen Unterhaltung.

Allerdings gab es schon vor nahezu 50 Jahren eine Fernsehserie, die das Serienformat nutzte, um gesellschaftliche Probleme zu reflektieren: Star Trek. Vor bald 50 Jahren startete das Raumschiff Enterprise ins Unbekannte. Was Captain Kirk, Mr. Spock und der Bordarzt McCoy mit ihren Kollegen erlebten, waren oft Kommentare der Autoren zu aktuellen Themen, die sie bewegten.

Gene Roddenberry, der Schöpfer der Serie sagt über seine Intentionen: «Ich stellte mir vor, mit Science Fiction dasselbe tun zu können wie Jonathan Swift mit Gullivers Reisen. Zu seiner Zeit konnte man wegen religiöser oder politischer Bemerkungen unters Beil kommen. Ich arbeitete für ein Medium – Fernsehen –, das starker Zensur unterliegt, und konnte in einer zeitgenössischen Sendung nicht über Sex, Politik, Religion und all die anderen Dinge sprechen, die mir vorschwebten. Ich sah aber eine Möglichkeit, wie Swift an den Zensoren vorbeizukommen, wenn die Probleme Leute mit gepunkteter Haut auf weit entfernten Planeten betrafen. So haben wir’s dann auch gemacht.»

Als Polizist ins Filmgeschäft

Auch ein halbes Jahrhundert nach der Entstehung hat Raumschiff Enterprise kaum von seiner Faszination verloren. Der Kölner Autor Jan Schliecker hat sich alle Folgen der Originalserie noch einmal vorgenommen. Er kommentiert die 79 Star Trek-Episoden und beschreibt auf Grundlage umfangreicher Recherchen ihre Entstehung von der Idee zum Endprodukt. Vor allem interessiert er sich für die Bemühungen Roddenberrys, ein neues interessantes Fernsehformat zu schaffen.

Gene Roddenberry arbeitete bei der Polizei in Los Angeles und entwickelte in seiner Freizeit Drehbücher. Zunächst hatte er Schwierigkeiten, eine Science-Fiction-Serie bei TV-Produzenten unterzubringen, aber da seit Ende der 50er Jahre die USA ihre Bemühungen um die bemannte Raumfahrt vorantrieben, erlebte das Genre in der Öffentlichkeit einen Popularitätsschub.

Der Science-Fiction Film

Jan Schliecker schreibt: «Die Science Fiction ist unter anderem deshalb ein für viele Schriftsteller attraktives Betätigungsfeld, weil die Erlebnismöglichkeiten der Figuren nicht allein an das gebunden sind, was die reale Welt zur Verfügung stellt. Die Umgebung der Figuren und die Natur dessen, was ihnen zustößt, kann in hohem Maße gestaltet werden, ohne dass (wie beim Fantasy-Genre) der logische Bezug zur realen Welt aufgegeben wird. Die Autoren versuchen ihre Geschichten mit dem gegenwärtigen Erkenntnisstand in Einklang zu halten und auf eine solide faktische Basis zu stellen, die nicht nur der Glaubwürdigkeit hilft – häufig werden aktuelle Entwicklungen kritisch weitergedacht. Mit fortschreitender Tradition des Genres mussten allerdings häufig auftretende Elemente wie Außerirdische, Telepathie oder Überlichtgeschwindigkeit bei Verwendung gar nicht mehr genauer betrachtet oder erklärt werden. …

Dass es kaum ernstgemeinte SF im Fernsehen gab, war kein Zufall: Senderchefs setzten sie mit reißerischen Filmen und Reihen und billigen New Yorker Live-Serien für Jugendliche gleich, die in den 1940er- und 1950er-Jahren aufkamen, mit eindimensionalen Helden und Erzfeinden, durchgeknallten Wissenschaftlern, Robotern, Monstern, Gadgets und Strahlenwaffen. Roddenberry wollte bei der Darstellung menschlicher Eigenarten und Probleme nicht anders vorgehen als in einer guten Western- oder Polizeiserie. Die Zukunft sollte normale, dem Fortschritt entsprechende Lebensräume bieten, bewohnt von Menschen, die sich genauso von Menschen vorheriger Jahrhunderte unterschieden wie wir. An bizarre Situationen sollten die Zuschauer über Identifikation mit menschlich glaubhaften Figuren herangeführt werden, die wie in vielen Westernserien eine Art Familie bildeten. Er wollte keine beliebigen Technologien einführen, denen jede wissenschaftliche Grundlage fehlte, zumal in einer Zeit rasanten wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts viele neue Erkenntnisse und Prognosen nicht ignoriert werden durften.»

Erfahren Sie mehr in Roddenberrys Idee. Die Star Trek-Originalserie im Wandel der Zeit von Jan Schliecker