Das Thema der Nachhaltigkeit hat seit einigen Jahren auch den Filmbereich erfasst. Und zwar nicht nur auf der inhaltlichen Ebene. Mit ‹Green Filming› oder ‹Green Shooting› werden so nicht etwa Filme über Umweltschutz oder -zerstörung bezeichnet, im Vordergrund stehen hier vielmehr strukturelle Maßnahmen und Veränderungen in der Filmproduktion und -distribution.

© SRF/Sava Hlavacek.
Dabei entstehen auch neue Berufsfelder, wie das der ‹Green Consultants›, die Filmproduktionen dabei unterstützen, ressourcenschonender zu arbeiten, die in Deutschland bereits regelmäßig und häufig zum Einsatz kommen und für deren Einsatz in der Schweiz die Kosten bereits seit Längerem über die Förderungen abgerechnet werden können. An der Hochschule Luzern gibt es dazu seit 2023
auch die schweizweit erste Weiterbildung.
Was machen eigentlich ‹Green Consultants›?
‹Green Consultants› sind aber keine Polizist_innen, die am Set den Stecker ziehen, wenn die falsche Lampe benutzt wird. Sie beraten Produktionen dabei, welche Maßnahmen in den unterschiedlichen und vielfältigen Bereichen anwendbar sind, um den CO²-Abdruck deutlich zu verringern. Idealerweise begleiten sie diese bereits in der Planung und der Vorproduktion, wenn bspw. Drehorte und Reisen geplant werden, und können in Bezug auf Unterbringung, Technik und Catering informieren. Sie sind am Set dabei, um Änderungen unterstützend zu begleiten und bei Konflikten oder Unverständnis zu vermitteln.
Für Filmschaffende ist das nicht nur interessant, um mögliche Auflagen zu erfüllen. Viele sind auch erleichtert, wenn es auf dem Set so zugeht, wie sie es aus ihrem Alltag gewohnt sind, wo kein Einweggeschirr benutzt und Energie gespart wird. Der Exzess und die Verschwendung (Helikopterflüge, private Limousinen etc.) sind für die meisten einfach nicht mehr zeitgemäß.
‹Green Storytelling›: Nachhaltigkeit auf der inhaltlichen Ebene des Films
Wie auch bei anderen Diskursfeldern ist die Frage der Nachhaltigkeit nicht zu trennen von Fragen der Repräsentation und weist auf Verbindung von Darstellung, Herstellung und Alltag. In diesem Zusammenhang gibt es inzwischen auch schon Beratung, die unter dem Titel ‹Green Storytelling› darauf aufmerksam machen möchte, wie Nachhaltigkeit im Film erzählt werden kann.

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Das Überprüfen der Geschichte noch im Prozess des Schreibens ist in diesem Sinne keine Zensur, sondern ein kritischer Umgang mit Fragen der Repräsentation. (Und betrifft eher die kleinen Sachen: bei der Kaffeekette den Mehrwegbecher nutzen, öffentlichen Nahverkehr so selbstverständlich inszenieren wie die Fahrt im Auto etc.) So wie wir heute über rassistische und sexistische Stereotype im Film diskutieren, können wir vielleicht auch bald darüber sprechen, ob die Inszenierung von Autos in amerikanischen Actionfilmen so noch nötig ist.
‹Green Filming› betrifft uns alle
Somit betrifft ‹Green Filming› nicht allein die Art, wie Filme gemacht werden, sondern auch, wie wir sie schauen. Laura Marks hatte in einem Aufsatz dargelegt, dass das weltweite Abrufen einer populären Netflixserie während zehn Tagen nach ihrem Release ungefähr so viel Strom beansprucht, wie das Land Ruanda im Jahr 2016 verbraucht hat. Nimmt man Einsparung ernst, dann muss technische Entwicklung auch mit Suffizienz einhergehen.
Am nachhaltigsten wäre es daher sicherlich, bereits existierende Filme anzuschauen, anstatt dauernd neue zu produzieren. Diese Idee wirkt weniger absurd, wenn man sich vor Augen führt, dass allein in Europa jährlich 1300 Filme fertiggestellt werden.
Über Nachhaltigkeit im Filmbereich nachzudenken, führt also zu weit mehr als der Frage nach der besseren Lampe oder dem richtigen Geschirr. Es geht um Strukturen, darum, wie wir Filme machen und wie wir sie sehen wollen. Es geht letztendlich auch um unser Verhältnis zum Film.
Florian Krautkrämer
Gekürzter Auszug eines Beitrags aus Ausgabe 69 des Schweizer Filmjahrbuchs CINEMA mit dem Schwerpunkt WILD
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montage av mit dem Schwerpunkt Klimakrise.
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