Zum modernen Kinderfilm
Gebannt starren große Augen auf die Leinwand. Lautes Kreischen ertönt. Der Nachbar der kleinen Anna hat schon die Augen zugekniffen: Er kann nicht mit ansehen, wie Kasperl vom Räuber Hotzenplotz reingelegt wird und in die Grube fällt.
Kinder schauen mit großer Leidenschaft und Intensität Filme, und gerade im Kino fallen ihre Konzentration und ihre emotionalen Reaktionen auf das Geschehen auf. Sie identifizieren sich mit den Filmhelden, lachen und weinen mit ihnen.
Das Kino mit seiner besonderen Atmosphäre fördert das emotionale Erlebnis, und in den Lebenserinnerungen vieler Menschen spielt das Kino eine wichtige Rolle. So schreibt etwa Marcello Mastroianni in seinen Memoiren «Dieser magische, dunkle, geheimnisvolle Saal! Der Lichtstrahl des Projektors. In dem der Rauch der Zigaretten aufstieg … ins Kino ging man zum Träumen!»
Filme sind Lebenshilfe
Filme können erschrecken und verstören, aber auch ein wichtiges Stück Lebenshilfe für Kinder und Jugendliche sein. Filme zeigen Handlungsalternativen, sie zeigen, wie man sich in schwierigen Situationen verhalten kann, fördern Verständnis und Identifikation mit Vorbildern. Nicht zuletzt öffnen sie den Blick auf die Welt.
Das Angebot für Kinder ist in den letzten Jahren größer geworden, Filme können nicht nur im Kino, sondern auch zuhause vor dem Fernseher oder auf dem PC geschaut werden. Der Kinderfilm hat sich zum family entertainment entwickelt und soll ein Ereignis für die ganze Familie werden. Merchandising hängt sich an erfolgreiche Filme, Prinzessin Lillifee geistert über Tassen, Hefte und Bettwäsche.
Das Kinder- und Jugendfilmzentrum (kjf) in Remscheid informiert Kinder und Jugendliche ebenso wie Eltern und Erzieher über Filme und andere audiovisuelle Medien. Wir fragen Christian Exner, pädagogischen Mitarbeiter am kjf, nach der Situation des Kinderfilms.
Wie geht es dem Kinderfilm in Deutschland?
In Deutschland ist der Kinderfilm im Kino in den letzten zehn Jahren zu einer festen Größe geworden. Nicht jede Kinderfilmproduktion ist ein Erfolg. Oft sind es gerade die prämierten, künstlerisch hoch geschätzten Filme, die im Kino kaum Zuschauer finden. Doch der Anteil des inländischen Films im Kino nimmt zu. Auch wenn die Dominanz des Hollywood-Kinos noch immer gewaltig ist, so wachsen doch in Deutschland Strukturen einer Filmindustrie, in denen auch die Kinderfilmexpertise langsam reifen kann. Zur Orientierung helfen Online-Portale wie kinderfilmwelt.de, kinderfilm-online, flimmo oder top-videonews.de. Wo die Filme gesehen werden ist letzlich zweirangig. Aber gewiss ist und bleibt Kino das Größte.
Welche drei Filme sollte jedes Kind gesehen haben?
Natürlich hat jedes Kind seine eigenen Vorlieben und Filmerfahrungen, aber folgende drei Filme sind auch meine Lieblingsfilme, die ich jedem Kind empfehlen würde.
Die Farbe der Milch
Wie fühlt es sich für ein zwölfjähriges Mädchen an, die Erwachsenen mit ihren höchst seltsamen Beziehungen zu erleben? Wie denkt man über die Liebe, wenn sie alle um einen herum aus der Bahn wirft? Und wie zart und verlockend ist dieses Gefühl, wenn man dem Verliebtsein am Ende einfach nur nachgibt. Die Farbe der Milch erzählt so geerdet, so fein, so klug und so humorvoll von der aufkeimenden Pubertät, wie man es nur aus skandinavischen Filmen kennt. Der norwegischen Regisseurin und Autorin Torun Lian gebührt ein Platz neben Astrid Lindgren – mindestens.
Coraline
Die Welt der Fantasie ist grenzenlos und die Möglichkeiten des modernen Animationsfilms sind es auch. Schönheit und Schrecken, Traum und Albtraum liegen dicht beieinander in diesem Film mit seinen vielen magischen Momenten. Die Filmkunst erfindet sich immer wieder neu. Bei Coraline geschieht dies in den Studios von Henry Selick durch eine kongeniale Verbindung aus bewährtem Stop-Trick-Handwerk mit den prächtigen Sensationen des Computertricks.
Billy Elliot – I will Dance
Die Welt des Jungen Billy aus dem englischen Bergarbeiterrevier hängt nicht voller Geigen. Eine triste Welt, in der man lernen muss, sich durchzuboxen. Aber Billy will nicht boxen, er will tanzen. Selten wurde der Weg zum Ruhm so wenig glamourös aber dafür mit umso mehr Gespür für die Details der Inszenierung gezeichnet. Ein Film, der mit jedem Mal schauen schöner und stärker wird.
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