Eine Reise durchs Verlagsarchiv
Den Schüren Verlag gibt es tatsächlich schon seit 40 Jahren. Hier präsentieren wir Ihnen einen Rückblick auf 40 Jahre Verlagsarbeit anhand von einigen Perlen aus dem Verlagsarchiv.
1984, als eine der ersten Publikationen im damals noch ganz der Politik und den Sozialwissenschaften verschriebenen Programm erschien das Kleine Lexikon zur Medienpolitik. Twitter, eMail, Internet kamen noch nicht vor, aber immerhin schon Telefax, Viedeotext, Verlegerfernsehen, und Neue Medien. Ansonsten Begriffe, die auch heute noch aktuell sind: VG Wort, Pressefreiheit, Regenbogenpresse.
Und auch einige, die aus der Mode gekommen sind, z. B. Flugblatt.
Eines der erfolgreichsten Bücher der frühen Verlagsjahre war der 1985 erschienene Titel Anders Produzieren, der viele Auflagen erlebte. Im Klappentext heißt es: „Umweltzerstörung, Rüstungswahnsinn und Arbeitslosigkeit gehören zu den zerstörerischen Konsequenzen der kapitalistischen Produktion. Doch darüber nur zu lamentieren oder das bloße Basteln an der großen Alternative genügt nicht. Gefragt sind strategische Alternativen, praktische Möglichkeiten und konkrete Erfahrungen“. Also New Work in den Achtzigern.
1989 erschien das Buch über den Schacht Konrad, der als Endlager für Atommüll seitdem nicht aus den Schlagzeilen herausgekommen ist. Im Vorwort findet sich der aktuell anmutende Satz: „In den nächsten Jahren werden die Weichen gestellt, welchen energiepolitschen Pfad die Bundesrepublik Deutschland im Übergang zum nächsten Jahrtausend beschreiten wird. Setzt sich trotz aller Katastrophen, Störfälle, finanzieller Risiken, falscher Energieverbrauchsprognosen und Skandale im Umfeld der Atomindustrie das Weiter so der Atomlobby durch, oder gelingt das Umsteuern auf eine ökologische sanfte Energieversorgung?“
Viele Auflagen erlebte der erstmals 1991 aufgelegte Band Lyrik gegen das Vergessen, der Gedichte von Häftlingen aus den nationalsozialistischen Todeslagern zusammengetragen hat. Viele eindrucksvolle Lesungen und Veranstaltungen begleiteten dieses Buch.
Der erste Filmkalender erschien 1991 für 1992 und Themen waren damals u.a. „Sex und Sadismus“ und „30 Jahre Casablanca“. Insgesamt gab es wenige Texte und viele Fotos.
Der 1972 erlassene „Radikalenerlass“ bestimmte viele Jahre lang die öffentliche Diskussion und sorgte für viel Empörung. 1992 erschien das Buch Politische Loyalität und Öffentlicher Dienst des renommierten amerikanischen Wissenschaftlers Gerald Braunthal, als erste zusammenfassende Studie und analysierte die Fälle, das Umfeld und die Konsequenzen des Erlasses.
1993 erschien Rechtsextremismus in Thüringen von Rainer Fromm – das Buch hätte auch 2023 erscheinen können. Nahezu hellseherisch heißt es im Vorwort: „Der moderne Rechtsextremismus – verstanden als Zusammenfließen von Ideologien der Ungleichheit und Gewaltakzeptanz – entsteht im Zentrum und nicht an den Rändern der Gesellschaft.“
1994 gab es ein erstes Highlight im sich stärker entwickelnden Filmsegment des Verlagsprogramms: Georg Seeßlens Buch über David Lynch, das 6 Auflagen erlebte und Verkaufszahlen, von denen man heute nur träumen kann.
Auch Daniel Kothenschultes Buch über Robert Redford, das erstmals 1998 erschien, erlebte zwei Auflagen. Der Südkurier schreib damals: „Kothenschulte bietet nicht nur eine fesselnde Lektüre, er sorgt auch dafür, dass man Robert Redford und vor allem seine Filme in Zukunft mit anderen Augen sehen wird.“
Der erste Jahresband des Lexikon des internationalen Films (heute Filmjahr) erschien 2001 im Schüren Verlag, bis heute ein wichtiges Standbein des Verlagsprogramms und für viele Leser und Leserinnen unverzichtbar geworden.
2004 brachten wir zur Buchmesse Das Dick und Doof Buch heraus. Erst wollten wir es nicht machen – es war uns zu dick. Aber Nobert Aping ließ sich nicht beirren, hat ein bisschen gekürzt und uns überzeugt.
Schlussendlich wurde es trotz des Umfangs von 566 Seiten einer der größten Erfolge der Verlagsgeschichte und Norbert Aping einer unserer produktivsten Autoren.
Mit Lebensläufe – die Kinder von Golzow veröffentlichten wir 2005 ein Buch, dass für uns alle viele neue Erkenntnisse und Erlebnisse bereit hielt. Das Golzow-Projekt von Barbara und Winfried Junge genießt Kultstatus und ermöglicht gerade Westdeutschen ungeahnte Einblicke.
Das 2009 erschienene Die rechte und die linke Hand der Parodie über das äußerst populäre Duo Bud Spencer und Terence Hill war eine liebevolle, aber nicht unkritische Würdigung des Autors Christian Heger – vielen Fans gefiel es.
2013 begann die Zusammenarbeit mit Edgar Reitz über sein einzigartiges Filmprojekt mit dem Begleitbuch zu Die Andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht, dem von Publikum und Kritik hymnisch gefeierten Auswanderer-Epos. Seitdem haben wir noch drei weitere Bücher mit Edgar Reitz über sein einzigartiges Filmwerk herausgebracht.
Wir hätten noch viele andere Bücher nennen können, mit denen sich besondere Erinnerungen verbinden, aber auch diese Auswahl gibt einen guten Überblick.
Annette Schüren
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