Geboren am 14. Mai 1951

Der beste Schüler des Zaubermeisters. So könnte man Robert Lee Zemeckis nennen, dessen herausragendes Talent als Filmemacher schon früh von Steven Spielberg entdeckt wurde. In den frühen 1970ern freundete er sich am Campus der USC-Filmschule in Los Angeles mit Bob Gale an. Beide verband, dass sie mit ihren Kommilitonen – “a bunch of hippies”, wie Zemeckis sie später nannte – genauso wenig anfangen konnten wie mit der Nouvelle Vague oder anderem Kunstfilmkram. Er und Bob wollten Hollywood-Filme machen, voller Action, Fantasy und Sci-Fi und damit große Zuschauermassen begeistern. Mit einem seiner Studentenfilme stürmte Zemeckis direkt ins Büro des ebenfalls noch blutjungen Regie-Wunderkindes Steven Spielberg, der sofort begeistert war und als Executive Producer vieler seiner Filme fungieren sollte. Zemeckis erste Filme I Wanna Hold Your Hand (1978) und Used Cars (1980) wurden von der Kritik gelobt, verpassten aber das erwünschte große Publikum deutlich. Zemeckis und sein Partner Gale ließen sich davon nicht beeindrucken und schrieben weiter fleißig Drehbücher für andere Regisseure. Ein besonderes, lang verfolgtes Herzensprojekt konnte Zemeckis 1985 selbst inszenieren: Zurück in die Zukunft. Der detailreiche Zeitreise-Plot wird bis heute an Filmschulen als Musterbeispiel für ein herausragendes, fantasievolles und perfekt strukturiertes Drehbuch hergenommen. Und Zemeckis saß mit dem gewaltigen Erfolg des Films nun plötzlich ganz fest im Hollywood-Sattel.

In seinem nächsten Film Falsches Spiel von Roger Rabbit (1988) verbanden sich gezeichnete Cartoon-Charaktere wie Micky Mouse und Duffy Duck in der Realfilm-Inszenierung auf zuvor – und später – nie gesehene Weise mit der Live-Action. Zemeckis galt spätestens jetzt als ein Special-Effect-Spezialist und die Fortsetzungen von Zurück in die Zukunft (1989 und 1990) festigten diesen Ruf. Ebenso sein Ausflug in ernstere, meuchelnde Gefilde mit Der Tod steht ihr gut (1992), bei dem traditionelles Compositing im Filmlabor von den Zauberern der VFX-Firma Industrial Light & Magic mit frühen Beispielen für digitale Effekte angereichert werden konnte.

Aber was das Zaubern mit Effekten angeht, hatte er viel von seinem „Lehrmeister“ Steven Spielberg mitgenommen. Es braucht bei aller technischen Pionierleistung und Perfektion das filmische Herz einer emotionalen, ergreifenden Geschichte, die unverwechselbare Charaktere auf die große Leinwand bringt. Das gelang ihm vielleicht am besten mit Forrest Gump (1994), für den Zemeckis mit dem Regie-Oscar ausgezeichnet wurde. Die Alternativwelt-Geschichte um einen einfachen Typen, der dank eisernem Willen und viel ungeahntem Glück zu einer Figur der Zeitgeschichte wird, könnte ein Stück weit auch sein Biopic sein. Weitere Hits wie Contact (1997) und Cast Away – Verschollen (2000) unterstrichen sein Renommee als einer der führenden Regisseure der größten Filmstadt der Welt.

Robert Zemeckis (r.) mit Marion Cotillard und Brad Pitt bei den Dreharbeiten zu Allied – Vertraute Fremde (2016) (Foto: Paramount)

Sein Anspruch, die sich ständig mit neuen Gimmicks füllende Trickkiste von Hollywood auszuschöpfen, führte ihn im neuen Jahrtausend allerdings auch auf den irrlichternden Weg von Motion-Capture-Animationsfilmen: Der Polarexpress (2004) und Die Legende von Beowulf (2007) zeigen weiterhin seine überaus versierte inszenatorische Handschrift, die Effekte wirkten aber schon damals – und heute noch viel mehr – auch befremdlich. Tom Hanks spielte im Polarexpress viele verschiedene Rollen, vom kleinen Jungen bis zum alten Lokomotivführer. Was auf dem Papier ein tolles Gimmick ist – aber auch, selbst wenn unbewusst, den Zuschauer irritiert. Fragen sie mal die Macher von Cats (2019) nach ihren Erfahrungen. Mit der Digitalisierung der Filmwelt hat Zemeckis sein gefühltes Alleinstellungsmerkmal verloren: „Jeder“ dreht heute Special-Effect-Filme. Nun kommt es nur noch darauf an, wie gut die Geschichte ist, die der beste Zauberlehrling von Hollywood erzählen will.

Werner Busch

Dieser Beitrag stammt aus dem Filmkalender 2021. Auch der Kalender für 2022 enthält Portraits von Filmschaffenden und spannende Textbeiträge.