Der Blog des Schüren Verlags über Kino, Medien, Filme und was sonst so betrachtet werden kann

Kategorie: Filmgeschichte (Seite 2 von 8)

Pier Paolo Pasolini zum 100. Geburtstag

Der italienische Regisseur Pier Paolo Pasolini wäre heute 100 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass bringen wir hier einen Auszug aus Irmbert Schenks Geschichte des italienischen Films

Pier Paolo Pasolini (1922–1975) kommt in den 1950er-Jahren mit dem Kino eher nebenbei aus Geldnot durch Drehbuchmitarbeiten bei Trenker, Soldati, Fellini und Bolognini in Berührung. Bekannt wird er in dieser Zeit als Schriftsteller (Lyriker und Romancier) und Herausgeber von Anthologien und Zeitschriften. Die Romane Ragazzi di vita und Una vita violenta erscheinen 1955 und 1959; sie bilden dann auch die Vorlage für seine ersten Filme. Vor allem Ragazzi di vita wird wegen Obszönität angeklagt (es geht in einer neuen, gleichzeitig radikal realistischen und zunehmend stilisierten Sprache u. a. um männliche Prostitution bei jugendlichen Subproletariern in den römischen Vorstädten in der Nachkriegszeit, wie Pasolini auch immer wieder wegen der eigenen Homosexualität Probleme hat). Aber auch die KPI kritisiert die Werke wegen ihrer mangelhaften Klassenorientierung, so wie Pasolini, der sich selbst als Kommunist sieht, die KPI wegen ihrer Verbürgerlichung und später die Studentenbewegung als angepasste Kinder der Bourgeoisie, «Vatersöhnchen», kritisiert.

Pier Paolo Pasolini
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François Truffaut zum Geburtstag

* 6. Februar 1932, ✝ 21. Oktober 1984

Einen Streich spielen, spontan den eigenen Impulsen folgen, hektisch herbeieilen, um dann doch eine schüchterne Bemerkung zu machen, aufgebrachtes Briefeschreiben und Küsse in allen Varianten – verstohlene bis leidenschaftliche, bisweilen gar geraubte. Die Bilder, die François Truffauts Filme immer wieder aufrufen, sind erfüllt von einer Empathie für emotionale Nonkonformität. Für Flüchtende, Dissidenten, Untreue, für Exaltierte und Exilierte.

François Truffaut (r.) mit Jean Dasté und Jean-Pierre Cargol (Mitte) in Der Wolfsjunge (F 1970), © 20th Century Fox

1954 legt Truffaut als Kritiker der Cahiers du cinéma dar, dass er gerade diese Nähe zu den Protagonisten, diese Suche nach dem Authentischen, im zeitgenössischen französischen Film vermisst. Eine bleierne, überhebliche «Tradition der Qualität» habe sich etabliert, polemisiert er, in der gefühlskaltes bürgerliches Kino entstehe – das «cinéma du papa» nämlich, auf das sich acht Jahre später auch der Schlachtruf des Oberhausener Manifests bezieht: «Papas Kino ist tot!» Truffaut fordert in Eine gewisse Tendenz im französischen Film ein «Kino der Autoren»: Es gelte eigenständige Formensprachen zu prägen, Film als Kunstform, Regisseure als Künstler ernst zu nehmen.

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The Last Picture Show – Ein zeitloser Klassiker

Der Regisseur Peter Bogdanovich ist am 6.1.22 im Alter von 82 Jahren verstorben. Zu diesem Anlass erinnern wir heute an den Film, der ihn berühmt machte: The Last Picture Show

Die Story ist so schlicht wie wirkungsvoll: Es geht um die beiden Jugendlichen Sonny Crawford (Timothy Bottoms) und Duane Jackson (Jeff Bridges), die dickste Freunde sind, bis, ja, die örtliche Schönheit Jacy Farrow (Cybill Shepherd) ihnen beiden den Kopf verdreht, und dem armen Lester Marlow (Randy Quaid) gleich noch dazu.

Timothy Bottoms, Jeff Bridges und Cybill Shepherd
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Das lange Erbe des PATEN

1972 revolutionierte Francis Ford Coppola den Gangsterfilm – mit bis heute weitreichenden Folgen für Hollywood und die Popkultur

Wie krempelt man ein altbackenes Hollywood-Genre um, läutet eine neue Ära von Schauspielern und Filmemachern ein, beeinflusst Fernsehserien, Rap-Videos und echte Mafiosi für Jahrzehnte und kriegt ganz nebenbei noch alle Oscars? Eigentlich ganz einfach: Man nehme einen reißerischen Groschenroman, einen 31-jährigen Jungregisseur, einen Kameramann, der nur schwarze Bilder liefert, einen Hauptdarsteller ohne Filmerfahrung und ein Filmstudio, das den eigenen Film an jeder Ecke zu sabotieren versucht. Der Pate hat eine der kuriosesten Entstehungsgeschichten der Filmhistorie – und ein ebenso kurioses Vermächtnis.

Marlon Brando (r.) und Salvatore Corsitto in DER PATE (USA 1972), © Paramount
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Paranoia: Eine Liebesgeschichte

1962 macht John Frankenheimers Politthriller The Manchurian Candidate – Botschafter der Angst die Paranoia im Kino salonfähig

Was, wenn das größte Schlachtfeld des Kalten Krieges nicht in der Ferne lag, sondern daheim? Was, wenn die erste Welt den Kampf um ideologische Vorherrschaft nicht mit der roten Gefahr austrug, sondern dem einzigen Gegner, den sie wirklich fürchtete: sich selbst.

Laurence Harvey in BOTSCHAFTER DER ANGST (USA 1962), © OFDb Filmworks
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Hit it!

1991 löst Thelma und Louise als erstes feministisches Road Movie eine Kontroverse aus. Das liegt auch an der Verbindung von Gender und Genre

Thelma (Geena Davis) und Louise (Susan Sarandon) finden sich nach einer wilden Flucht durch die USA in einer ausweglosen Situation wieder: Hinter ihnen ein Heer bis an die Zähne bewaffneter Cops, über ihnen kreist brüllend ein Helikopter. Nichts als Lärm, Staub, Sand und kein Weg zurück. Vor ihnen klafft der Abgrund des Grand Canyon. Beide schauen einander ein letztes Mal an und Louise tritt das Gaspedal ihres Ford Thunderbird durch, bis beide Hand in Hand über die Klippen in den blauen Himmel rasen und der Film in einer Weißblende endet.

Vor dem Sprung: Geena Davis und Susan Sarandon in Thelma und Louise (1991) ©MGM
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Aus dem Halbdunkel

Terrence Malick, der stille Einzelgänger des Kinos

Terrence Malick ist der geheimnisvolle Außenseiter unter den US-Filmregisseuren. In 40 Jahren hat er gerade mal sechs Filme gedreht, 20 Jahre galt er nahezu als verschollen. Als Person verweigert er sich konsequent der Öffentlichkeit. Seine Filme aber verhandeln auf ungewöhnlich sinnliche Weise die Konflikte zwischen Mensch und Natur, die Sehnsüchte und Begierden des Menschen, das Schauspiel der Natur und die Verführung durch Gewalt. Morgen, am 30.11., feiert Malick Geburtstag – vielleicht eine gute Gelegenheit, sich an sein fulminantes Erstlingswerk Badlands zu erinnern, das 1973 in die Kinos kam.

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Shailene Woodley zum Geburtstag

Geboren am 15. 11. 1991

Wenn man in seinem Spielfilmdebüt unter der Regie von Alexander Payne neben George Clooney auftritt, aber trotz dieser zwei Größen Aufmerksamkeit wie Kritikerlob auf sich zieht und für etliche Awards, etwa bei den Golden Globes, nominiert wird, dann hat man einiges richtig gemacht. So im Falle von Shailene Woodley, die in The Descendants (2011) die ältere Tochter des Protagonisten gibt. Woodleys Alex provoziert den Vater mit Saufeskapaden und ihrem Dumpfbacken-Freund, ist trotz der rebellischen Ader jedoch ein Kumpeltyp.

Die in einen Lehrerhaushalt aufgewachsene Kalifornierin beginnt schon im Alter von vier Jahren zu modeln und nimmt früh Schauspielstunden. Wie diverse andere Nachwuchsstars muss sie erst durchs TV-Boot-Camp, wo ihr größter Erfolg die Rolle der Schülerin Amy Juergens in The Secret Life of the American Teenager (2008–2013) ist, die im Alter von 15 Jahren schwanger wird. Die Serie ist trotz durchwachsener Kritiken beliebt genug, um auf fünf Staffeln zu kommen und Woodley Filmangebote wie jenes für The Descendants zu verschaffen. Es folgt der Sundance-Hit The Spectacular Now (2013), in dem Woodley das Mauerblümchen Amy spielt, das eine Beziehung mit dem smarten Sutter eingeht, dessen souveränes Auftreten allerdings Unsicherheiten und ein veritables Alkoholproblem überdecken soll. Mit diesem Film und Wie ein weißer Vogel im Schneesturm (2014) von Queer-Cinema-Ikone Gregg Araki zementiert Woodley ihr Image als Girl Next Door, das ebenso einfühlsam wie zupackend ist.

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Roddenberrys Idee

Star Trek – Die Mutter aller Qualitätsserien

In den letzten Jahren hat sich in den Feuilletons und natürlich auch beim Publikum ein regelrechter Hype um neue Formate des «Qualitätsfernsehen» entwickelt. Serien wie Die Sopranos, Lost, Deadwood, The Wire, Mad Men gelten als die eigentlich modernen Formate der audiovisuellen Unterhaltung.

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Aufstieg, Fall und Comeback des phantastischen Kinos

Sassan Niasseri über die Fantasy- und Sci-Fi-Filme, die seine Kindheit prägten

Meine Kindheit endete nicht mit dem ersten Kuss. Sie endete viel früher, mit 10 Jahren. Schuld daran war Chuck Norris.

Jeder, der in den 1980er-Jahren wissen wollte, was in den kommenden zwölf Monaten in die Kinos kommt, griff zum «Film-Jahrbuch» der Zeitschrift «Cinema». Das «Film-Jahrbuch» war meine Bibel. Sie war auch meine Kindheit. Die Umschläge dieser jährlich erschienenen Kompendien setzten sich aus verschiedenen Filmbildern zusammen. Und in den Jahren 1981 bis 1985 war meine Welt noch in Ordnung, war die Kinowelt noch in Ordnung, war meine Kindheit noch in Ordnung – weil die «Cinema»-Fotos, eine strenge Auswahl anstehender Highlights, mir bewiesen, dass es nicht Wichtigeres im Kino gibt als Fantasy-und Sci-Fi-Filme. Am wichtigsten war das Foto in der Mitte. 1981 prangte Superman auf dem Cover. 1982 Conan der Barbar. 1983 E.T. 1984 duellierten sich Luke Skywalker und Darth Vader mit ihren Lichtschwertern. 1985 gab’s das Supergirl, ein schlimmer Streifen, aber das konnte man ja nicht wissen, die Jahrbücher waren keine Bilanzen, sie waren Vorschauen auf die nächsten zwölf Monate. Heute erfahren wir nicht erst zwölf Monate, sondern schon zwei Jahre vorher, dass die Dreharbeiten zu einem neuen Dune beginnen, der dann wiederum erst vier Jahre später ins Kino kommen würde. Aber damals gab es kein Internet. Es gab nur die dicken Wälzer von «Cinema» . Und deren Redakteure fuhren mehr oder weniger auf Sicht.

Und dann kam Chuck Norris. Für 1986 erhielt nicht eine Fantasy-Figur, sondern der ehemalige Martial-Arts-Star den prominenten Platz auf dem größten Foto des Jahrbuchs. Aufgeknöpftes Jeans-Hemd, eine Uzi links, eine Uzi rechts, es könnte sein Auftritt in Delta Force gewesen sein. Ich fand es faul, mit Norris aufzumachen. Das war Action, nicht Fantasy. Mir dämmerte da was. Ich konnte es nicht in Worte fassen, heute würde ich mit viel Pathos sagen: «Die Ära der Fantasy-Filme neigte sich dem Ende zu». Und die «Cinema» hatte darauf reagiert, mit Chuck Norris. Das war nicht mehr mein Kino. Ich war erledigt, mit zehn Jahren schon.

Der Anfang vom Ende: Chuck Norris in Delta Force, 1986 (© Yoni S. Hamenahem)
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