Stefan Leisten über seine Arbeit über Ethisches Lernen an TV- und Videospielserien sowie Let’s Plays

Wer will ich sein? – Ethisches Lernen an TV- und Videospielserien sowie Let’s Plays

Sei es bei der Familienfeier, beim Bier mit FreundInnen, auf dem Institutsflur im Gespräch mit KollegInnen oder auf Tagungen – die Fragen, wie ich auf das Thema meiner Dissertation gekommen bin und was mich daran besonders interessiert, kamen und kommen immer noch in unterschiedlichen Kontexten auf. Nicht selten schließt daran die Frage nach den Erkenntnissen meiner Arbeit an. Beide möchte ich in diesem Blogeintrag kurz beantworten.

Themenfindung und Interesse

Tatsächlich sind meine Gründe für die Beschäftigung mit diesem Thema sehr vielfältig. So habe ich mich schon lange für Serien interessiert, die mit ihren Figuren und Geschichten die ZuschauerInnen unterhalten wollen. Waren es zunächst noch primär TV-Serien und größere Videospielreihen, die ich in meiner Freizeit konsumiert habe, kamen später auch Videospiele im Episodenformat und die Let’s Plays dazu. In Let’s Plays spielen sogenannte Let’s PlayerInnen ein Videospiel, wobei sie das Spielgeschehen aufzeichnen und kommentieren. Die Tatsache, dass besonders narrative Produkte aber eben nicht nur unterhalten, sondern auch Einfluss auf die Identitätsentwicklung haben, war ein Grund, sich mit diesen Serien aus (religions-)pädagogischer Sicht auseinandersetzen zu wollen. Daneben wurden Serien im letzten Jahrzehnt immer beliebter und ihr Konsum durch den technischen Fortschritt zunehmend autonomer. TV-, Videospielserien und Let’s Plays, die durch interessante Geschichten und Figuren unterhalten, sind folglich durch diese Entwicklungen auch in jugendlichen Lebenswelten mehr oder weniger stark präsent.

Serien bergen daher für die Schule bzw. die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ein großes Potenzial. Sie konfrontieren mit fremden Werten, erzeugen Spannung durch Dilemmata oder diskutable Sachverhalte und ermöglichen eine emotionale Auseinandersetzung sowie den Aufbau von Beziehungen zu Figuren. Dabei werden eigene Erfahrungen, der situative Kontext und Folgeentscheidungen miteinbezogen. Dies ist aus moralpsychologischer und pädagogischer Sicht von großer Bedeutung, wirft aber auch die Frage auf, wie in der schulischen Praxis mit den verhältnismäßig zeitintensiven Serien gearbeitet werden kann. Gibt es Kriterien, die eine Unterhaltungsserie erfüllen muss, um einen ethischen und medialen Kompetenzerwerb ermöglichen zu können? Was unterscheidet Serien von Einzeltiteln? Wie unterscheiden sich TV-, Videospielserien und Let’s Plays voneinander und welche didaktischen und rechtlichen Aspekte gilt es beim Einsatz zu bedenken?

Erkenntnisse

Am Ende meiner Arbeit steht schließlich ein wissenschaftlich fundiertes, interdisziplinäres Modell, das ethisches Lernen an Serien in der Praxis ermöglicht und durch seinen einfachen Zugang auch interessierte Lehrkräfte anspricht, die sich einen Serieneinsatz sonst nicht zutrauen würden. Es versteht sich vor dem Hintergrund der pluralen Serienlandschaft, einer heterogenen Lerngruppe und den verschiedenen Möglichkeiten ethische Bildung zu ermöglichen als eine begründete Option. Ein praktischer Einblick anhand der TV-Serie Modern Family rundet die Arbeit ab.

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