Schauspielerin *22. Oktober 1943

Es ist eine gängige Phrase zu behaupten, dass jemand auf eine einzigartige Karriere zurückblicken kann, aber bei Catherine Deneuve bringt es genau das auf den Punkt. Die als Catherine Fabienne Dorléac in Paris geborene und nach wie vor aktive Schauspielerin war bis dato nicht nur in 140 (!) Filmen zu sehen, sondern bewies bei der Wahl ihrer Projekte eine geradezu schlafwandlerische Sicherheit.

Es findet sich kaum Schlechtes, dafür aber eine lange Reihe von Zusammenarbeiten mit Regie-Größen wie Claude Chabrol, Jacques Demy, Roman Polanski, Luis Buñuel, Terence Young, François Truffaut, Marco Ferreri, Jean-Pierre Melville, Robert Aldrich, Claude Lelouch, Alain Corneau, Tony Scott, François Ozon und Lars von Trier. Deneuve war nicht nur in kommerzieller Hinsicht erfolgreich, sondern ebenso auf einem künstlerischen Level – und das ohne je Schauspielunterricht gehabt zu haben.

Catherine Deneuve mit Gérard Depardieu in ‹Die letzte Metro›
Catherine Deneuve mit Gérard Depardieu in Die letzte Metro (F 1980), © Studiocanal

Ihr wurde das Talent in die Wiege gelegt. Sie stammt aus einer Schauspielfamilie, ihre Mutter Renée Deneuve, die 2021 mit beneidenswerten 109 (!) Jahren aus dem Leben schied, war Theaterschauspielerin, der Vater Maurice Dorléac (1901 – 1979) war Filmschauspieler und Leiter der Synchronstudios von Paramount. Ins Filmgeschäft kam Deneuve durch ihre ältere Schwester Francoise Dorléac, die 1963 mit Die süße Haut von François Truffaut und Philippe de Brocas Abenteuer in Rio zum Star avancierte, aber bereits 1967, im Alter von gerade mal 25 Jahren, auf der Fahrt zum Flughafen von Nizza starb, als ihr Mietwagen, mit dem sie an einer Autobahnausfahrt verunglückte, Feuer fing.

Ihre erste Rolle spielte die kühle Schönheit Deneuve bereits als 13-jährige zusammen mit ihrer Schwester in Junge Rosen im Wind (1957), der Durchbruch kam im Alter von 21 Jahren mit Die Regenschirme von Cherbourg (1964, Regie: Jacques Demy). Den nächsten Erfolg feierte Deneuve 1965 mit Roman Polanskis grandiosem Psychothriller Ekel. 1967 startete Belle de Jour – Schöne des Tages von Louis Buñuel. Das Drama wurde nicht nur zu einem bis heute bekannten Erfolg, sondern brachte Deneuve für ihre Darstellung einer bürgerlichen Frau, die nachmittags als Prostituierte arbeitet, viel Kritikerlob und 1969 eine Nominierung für den britischen Filmpreis ein. Das Geheimnis der falschen Braut (1969, Regie: François Truffaut) war ihr nächster Hit, mit Truffaut sollte sie 1980 ebenso Die letzte Metro drehen. 1983 trat Deneuve in Tony Scotts Begierde als bisexuelle Vampirin mit dem schönen Namen Miriam Blaylock auf. Scotts Film floppte, entwickelte dank seiner brodelnden, dunkel-erotischen, sehr stylishen Gothic-Atmosphäre aber ein Nachleben und gilt – nicht zuletzt dank einer Sexszene zwischen Deneuve und Susan Sarandon – mittlerweile in bestimmten Kreisen als Kultfilm.

Catherine Deneuve in Begierde (GB 1983), © Warner

1993 folgte für Indochine die erste Oscar-Nominierung und 2002 war sie in 8 Frauen zu sehen, in dem François Ozon neben Deneuve mit Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Fanny Ardant und Danielle Darrieux weitere große Schauspielerinnen des französischen Kinos versammelte. Der anspruchsvollen Rollenwahl blieb sie in den folgenden Jahren mit Auftritten unter anderem in Um Filme Falada – Reise nach Bombay (2003), Ein Kuss von Beatrice (2017), Der Flohmarkt der Madame Claire (2018) oder einer Sprecherinnenrolle im preisgekrönten Animationsfilm Persepolis (2007) treu, unternahm aber unter anderem mit Asterix & Obelix – Im Auftrag ihrer Majestät (2012) auch vereinzelt Ausflüge in leichte Gefilde.

Thorsten Hanisch

Dieser Beitrag stammt aus dem Filmkalender 2023. Auch der Kalender für 2024 enthält Portraits von Filmschaffenden und spannende Textbeiträge.