Schauspieler *6.9.1972

«Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste und der Revolvermann folgte ihm». Mit diesem Satz beginnt Stephen Kings Roman Schwarz von 1982. Es ist der Auftakt einer achtbändigen Reihe, die lange als unverfilmbar galt. Mäßig begeistert waren Fans wie Filmkritik, als Regisseur Nikolaj Arcels den Zyklus um den dunklen Turm 2017 auf einen einzigen Actionfilm zusammendampfte. Mit Ausnahme der Besetzung des Titelhelden. Millionen Leser*innen hatten sich bis dahin diesen Revolvermann vor ihrem inneren Auge als wortkargen Cowboy irgendwo zwischen John Wayne und Henry Fonda, vor allem aber als weißen Mann ausgemalt.

Idris Elba (r.) mit Ruth Wilson in der Serie Luther (GB 2013), © Polyband

Was ein Beleg für die eurozentristische Perspektive der Lesenden und einen Mangel an Diversität in allen Medien ist, spricht für Idris Elbas schauspielerische Qualitäten. Schon in seiner ersten Szene als Revolvermann sprengt er diese Vorstellung und etabliert sich als perfekte Besetzung für diesen zwischen Idealismus und Desillusionierung zerrissenen Antihelden.

Idrissa Akuna Elba wird 1972 im Londoner Stadtteil Hackney geboren. Sein Vater stammt aus Sierra Leone, die Mutter aus Ghana. Mit 16 Jahren erhält er ein Stipendium am National Youth Music Theatre und spricht für erste Rollen vor. Nebenbei jobbt er im Callcenter oder als DJ Big Driis. Sein Fernsehdebüt hat er 1994 in dem britischen True-Crime-Format Crimewatch. Nach einigen Auftritten im britischen TV ist er 2001 in einer Nebenrolle des US-Dauerbrenners Law & Order zu sehen, bevor er für die HBO-Kultserie The Wire verpflichtet wird. Als Drogendealer Russell Stringer Bell wird er auch in den USA bekannt. 2009 unterschreibt er schließlich für seine Paraderolle in der BBC-Krimiserie Luther.

Dieser DCI Luther, den Elba bis 2019 spielt, hat viel mit dem oben erwähnten Revolvermann gemein. Ein genialer Ermittler der Londoner Mordkommission, mit ausgeprägtem Sinn für Gerechtigkeit und flexiblen Auffassungen von Moral. Er verstößt regelmäßig gegen Vorschriften, vertraut niemandem und hat ein ernstes Aggressionsproblem. Als widersprüchlicher Einzelgänger trägt Elba die düstere Serie und das Publikum folgt Luther bis zu seinem konsequenten Ende. Für diese Leistung wird er 2012 mit dem Golden Globe als Bester Schauspieler in einer TV-Miniserie ausgezeichnet.

Parallel kommt er im Mainstream an, spielt in Blockbustern wie Pacific Rim (2013), mehreren Avengers-Filmen oder Star Trek Beyond (2016) und dreht mit namhaften Regisseuren wie Ridley Scott (American Gangster, 2007; Prometheus, 2012). 2018 wird er vom People Magazine zum Sexiest Man Alive gewählt und zählt heute zu den 20 bestbezahlten Schauspielern weltweit. Er veredelt actiongeladenes Popcorn-Kino und beherrscht komplexe Charakterrollen. Ob als Anti-Apartheitskämpfer (Mandela – Der lange Weg zur Freiheit, 2013) oder als pädophiler Kriegsverbrecher in Beasts of No Nation (2015), einem Drama um westafrikanische Kindersoldaten.

Elba ist aber nicht nur vor der Kamera politisch. Anfang 2016 macht er sich in einer Rede im britischen Parlament für mehr Diversität in den Medien stark. Nachdem er 2014 bereits mit dem Parlament bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie zusammengearbeitet hat. Außerdem ist er einer der Initiatoren eines Nachhaltigkeitsprojektes auf Sherbro Island vor der Küste Sierra Leones.

Und falls er die Schauspielerei an den Nagel hängen will, bleibt ihm noch eine Kickboxkarriere. Für eine Dokumentation ließ er sich zwölf Monate bei seinem Training begleiten und absolvierte 2016 seinen ersten Profikampf – als Sieger.

Maxi Braun

Dieser Beitrag stammt aus dem Filmkalender 2022. Auch der Kalender für 2023 enthält Portraits von Filmschaffenden und spannende Textbeiträge.