Guardians of the Galaxy – Mit Musik der Vergangenheit in die Zukunft

Das Mixtape in Peter Quills Walkman

«I’m Not in Love», so beginnt der Soundtrack zur Eingangssequenz des Marvel-Films Guardians of the Galaxy (USA 2014). Der Lead-Sänger der Band 10cc, Eric Stewart, bekräftigt im gleichnamigen Song von 1975 vordergründig nicht verliebt zu sein. Im Gegensatz dazu führt der gesamte Songtext aber Gründe für seine Liebe an. In der Eingangssequenz des Films wird der Song dazu verwendet, die Ausgangssituation des Protagonisten und Raumfahrers Peter Quill im Marvel-Abenteuer Guardians of the Galaxy zu beschreiben, den eben dieser Gefühlszustand über den ganzen Film begleitet. Im Soundtrack zum Film spielen elf weitere Songs aus den 1960er- bis 1970er-Jahren eine tragende Rolle.

Die Songs des Awesome Mix Vol. 1, die im Film auf dem Mixtape von Peter Quill (AKA Star-Lord) enthalten sind, begleiten ihn (und das Kino-Publikum) durch das ganze Space-Abenteuer. Dieser Mix wurde 2014 als Soundtrack-Album für den Marvel-Film veröffentlicht. Das Soundtrack-Album, das erstmals in der Geschichte ausschließlich aus bereits zuvor veröffentlichten Songs bestand, erreichte Platz eins der US-Billboard-Charts und war das zweitbestverkaufte Soundtrack-Album der USA im Jahr 2014 mit über 1,75 Millionen verkauften Exemplaren. Die im Film enthaltenen Songs, die sich auf dem Mixtape in Quills Walkman befinden, ermöglichen ihm, mit der Erde, seinem Zuhause und seiner Familie, die er zu Beginn des Films in der Vergangenheit verlor, in Verbindung zu bleiben.

Die Musik und der Walkman, den Quill an seinem Gürtel trägt, stellen dabei die verbindenden Elemente zwischen Zuschauer und der menschlichen Hauptfigur in einer fremden Welt her.

Die Funktionen des Mixtapes in Guadians of the Galaxy

Im Verlauf des Films gibt es eine Szene, in der Peter Quill seinen Walkman mit dem Mixtape unter Einsatz seines Lebens von einem Gefängniswärter zurückerobert. Daran anknüpfend wird die persönliche Bedeutung des Mixtapes in einem Dialog zwischen der Figur Gamora und Quill näher erläutert.

GAMORA: «Warum riskierst du für das hier dein Leben?»
PETER QUILL: «Hat mir meine Mutter geschenkt. Sie hat mir immer die Popsongs meiner Kindheit vorgespielt. Ich habe ihn zufällig dabei gehabt an dem Tag als sie … weißt du, als ich die Erde verlassen habe.»

Seine Antworten verdeutlichen verschiedene Funktionen von Mixtapes.

Einerseits die soziale Funktion der Weitergabe der Kassetten. Der wohl wichtigste Grund für die große persönliche Bedeutung des Mixtapes für Quill ist der, dass es ein Geschenk seiner Mutter an ihn war. Dies führt zu einer weiteren Funktion, nämlich der der Mixtapes als Erinnerungsobjekte. Quill verbindet dieses Mixtape mit zahlreichen persönlichen Erinnerungen an eine tiefe Beziehung zu seiner Mutter. Beispielsweise ist es besonders wichtig für ihn, weil er es im Krankenhaus dabeihatte, an dem Tag als sie starb und er die Erde verließ. Sie haben es immer gemeinsam angehört – sie hat also ihre Erinnerungen mit ihm geteilt und er verbindet damit glückliche Kindheitsmomente. Die Szene bindet hier die Musik auf dem Tape, die im Hintergrund leise zu hören ist, in den sinnstiftenden Prozess des biografischen Erzählens ein.

Das Tape ist aber auch bedeutsam für Peter Quill, weil seine Mutter es ihm aus den Lieblingssongs ihrer eigenen Kindheit und Jugend in den 1970er-Jahren gemacht hat. Dies wiederum verweist auf die Bedeutung der musikalischen Sozialisation für die Praxis des Mixtapens. Die Interpretationen beziehen sich aber nicht nur auf diese ausgewählte Szene: Die Songs auf dem Mixtape sind verwoben mit jedem zentralen Moment des Films von Anfang bis Ende.

Eine weitere Funktion, die Mixtapes zuweilen erfüllen ist die, durch die Zusammenstellung der Songs eine eigene Geschichte zu erzählen: Einer Theorie zufolge erzählen die Songs auf Quills Tape in ihrer Zusammenstellung die Geschichte seiner Eltern von der ersten Begegnung der Frau mit dem Bruchpiloten von einem anderen Stern, dem Kennenlernen, übers Verlieben bis zum Abschied, als sein Vater die Erde wieder verlassen muss und seine Mutter versucht über ihn hinwegzukommen («I’m not in love»). Später merkt sie dann, dass sie schwanger ist und Peter wird geboren.

Am Ende stirbt sie und gibt ihm ein Abschiedsgeschenk, welches er erst am Ende des Films als Erwachsener öffnet. Es enthält ein weiteres Mixtape, das Awesome Mix Vol. 2.

Christiane Imort-Viertel / Peter Imort

Gekürzter und abgewandelter Auszug aus
Zukunftsmusik – Film und Musik für die Welt von morgen

Lesen Sie hier einen Beitrag zum Enstehen des ersten Bandes der Reihe FILM MUSIK SOUND
über Walzerfilme und Filmwalzer