Ein Einblick in die Kunst der Slapstick Serien

Viele Menschen in Ost und West denken gerne an die Slapstick-Serien im Vorabendprogramm, die bis Ende der 1990er-Jahre regelmäßig ausgestrahlt wurden.
Norbert Aping erinnert in seinem neuen Buch an die beliebten Stummfilmklassiker und Slapstickfilme im deutschen Fernsehen, an Väter der Klamotte, Die kleinen Strolche, Hier wackelt die Leinwand, Es darf gelacht werden, Spaß mit Charlie Chaplin, Wenn die Korken knallen u.v.a.

Ist das Kunst?

Vertauschte Kleidungsstücke, emotionale Ausbrüche und allerlei größere und kleinere Vergeltungsaktionen. Die Filme des Komiker-Duos Laurel und Hardy muten oft recht banal an. Viele der Witze gehen dabei auf Kosten des umfangreicheren Hardy, der immer wieder auf kuriose Weise verletzt wird – was nicht selten mit einem brennenden Hinterteil endet. Gerade der Körperbau der beiden äußerlich ungleichen Männer sorgt beim Publikum für Lacher, etwa wenn Hardy nach einem Gefängnisausbruch in der Hose Laurels zu fliehen versucht, ohne dass diese platzt – und Laurel versucht die Hose Hardys beim Rennen nicht zu verlieren. Mit dem zeitlichen Abstand wirken die beiden Melone tragenden Komiker zumindest aus der Zeit gefallen. Doch sind die Filme und Serien wirklich nur etwas für kleine Kinder oder Lückenfüller im Kinovorprogramm?

Lexikon der Slapstickserien

Norbert Aping hat die Slapstick-Serien von den Anfängen bis heute untersucht. Mit Es darf gelacht werden legt er ein Lexikon «Von Männern ohne Nerven und Vätern der Klamotte» vor, das die Entwicklung des Genres nachzeichnet und die wichtigsten Stationen und ihre prägenden Figuren vor­stellt. Es darf getrost als Standardwerk bezeichnet werden, das nicht nur für ausgewiesene Slapstick-­Liebhaber*innen in­te­ressante Einblicke in die Entstehungsgeschichte einer Filmgattung gewährt, die weitaus komplexer ist, als sie auf den ersten Blick zu sein scheint.

Ob Kunst oder nicht: Wer lacht nicht gern? Und darf man nur lachen und sich nur dann damit beschäftigen, wenn das Genre im Allgemeinen und der einzelne Film im Speziellen die Absolution der Kunst empfangen haben? Selbstverständlich können nicht alle der zahllosen Streifen des Slapstickgenres nur Perlen sein. Dennoch unterhalten die meisten von ihnen ihr Publikum. Es verlangt besondere Qualitäten, die Zuschauer von Anfang bis Ende ohne Leerlauf mit geschickt aufeinander aufbauenden Gags zu unterhalten. Spitzenkomiker wie Chaplin, Stan Laurel und Charley Chase überließen nichts dem Zufall und komponierten ihre Filme ähnlich sorgfältig wie es von Alfred Hitchcock bekannt ist. Der Meister des Suspense hat sein Publikum Schritt für Schritt informiert und dadurch die Spannung gesteigert. In schlechten Zeiten, etwa nach Kriegen, wurde der Slapstickfilm als Seelenbalsam geliebt. Die so genannten «Sorgenbrecher» entführten in eine groteske Welt und ließen die Zuschauer allen Widrigkeiten zum Trotz, die die Gegenwart mit sich brachte, befreit lachen und sie für einen Moment alles um sich herum vergessen. In den Kinos war das ein gemeinschaftliches Erlebnis, das das Lachen verstärkte.
Stan Laurel, der geistige Kopf des weltberühmten Duos Laurel und Hardy, antwortete einmal auf die Frage nach einem «todsicheren Rezept», Menschen zum Lachen zu bringen: «Keine Ahnung. Wenn ich es wüsste, wäre ich ein reicher Mann.»

Wiedergeburt im Fernsehen

US-Slapstickfilme der Stummfilm­zeit waren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht nur in Deutschland mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Im Fernsehen beider deutscher Staaten kamen nur sehr sporadisch sehr wenige Slapstickfilme oder Ausschnitte daraus ins Programm.
Das änderte sich Ende der 1950er-­Jahre, als die ersten Slapstick-­Kom­pilationen im deutschen Fernsehen auf ein begeistertes Publikum stießen. Ein Pionier war dort Werner Schwier, der den Serien-Klassiker Es darf ge­lacht werden aus der Taufe hob.

Theo Lingen präsentiert …, v.l.n.r.: Theo Lingen, Regisseur Wulf Flemming, Kameramann Herold

Ab 1963 lockte im Regionalprogramm des WDR die langlebige Serie Theo Lingen präsentiert die Zuschauer vor den Fernseher. Bis auf ein Zwischenspiel war sie ganz dem Slapstick gewidmet. Mit Unterbrechungen lief sie bis 1972. 1964 folgte das ZDF mit Opas Kino lebt. Im Regionalprogramm des HR starteten Anfang 1965 die Comedy Capers als eigene Serie. Viele weitere Serien und Kompilationen folgen.Im ZDF feierten Serien wie Dick und Doof, Männer ohne Nerven und Väter der Klamotte Erfolge. Mit Wortwitz, gewinnender Musik und vor allem dem Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch als Sprecher gewannen die Serien eine große Anhängerschaft.

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