Autor Norbert Aping über den Rechtsruck in der Gesellschaft, was wir aus Filmklassikern darüber lernen können und was Charlie Chaplin jetzt getan hätte.

Der bislang beste Film gegen das Wesen faschistischer Diktaturen und ihrer Methoden ist nach wie vor Charlie Chaplins berühmte Komödie Der große Diktator von 1940. Seine offizielle deutsche Erstaufführung hatte er lange nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, im Jahr 1958. Im Kino des Dritten Reichs war die Satire auf Hitler und Mussolini natürlich nicht zu sehen.

Hitler-Klamauk: Charlie Chaplin als Adenoid Hynkel, Diktator von Tomamia in DER GROSSE DIKTATOR (© imago/United Archives)

Auch Armando Iannuccis sehenswerte rasante Satire The Death of Stalin von 2018 macht sich über einen Diktator und das dazugehörige Regime lustig. Hier geht es um Stalins sowjetische Diktatur, die der Diktator und Kriegsverbrecher Wladimir Putin rund um den Angriffskrieg nach faschistischer Manier wiederbelebt hat. The Death of Stalin wurde in Russland natürlich verboten. Wie Diktaturen und Diktatoren doch einander gleichen. Und welche Angst sie davor haben, wenn ihnen mit den Mitteln der Komödie ins Gesicht gelacht wird.

Kann man aus der Geschichte lernen?

Aus der Geschichte kann man lernen. Das Aufkommen des Nationalsozialismus und die Unterwanderung des demokratischen Rechtsstaates haben die Nationalsozialisten in der Weimarer Republik vorgemacht. Die vom Hass auf Rechtsstaat und nicht deutschstämmige Menschen geleitete AfD tut es ihnen gleich und ist damit in der deutschen Parteienlandschaft zur Heimat und zum Sammelbecken des Neo-Nationalsozialismus geworden.

In Russland verboten: THE DEATH OF STALIN

Angeblich steht die AfD mit ihrem äußerlich glattgebügelten Parteiprogramm auf dem Boden des Grundgesetzes und gibt sich damit den Anstrich einer demokratischen Partei. Aber in internen Chats werden Umsturzpläne geschmiedet, man streut ständig Lügen, macht die Demokratie und ihre Einrichtungen verächtlich – wie es die Nationalsozialisten in der Weimarer Republik getan haben. Höckes angeblich aufgelöster faschistischer «Flügel» hat längst die Oberhand in der AfD. Dabei bedient man sich der Sprache der Nationalsozialisten und des SA-Jargons. Viktor Klemperer hat diese linguistisch «bettelarme» Sprache 1947 in Lingua Tertii Imperii – Notizbuch eines Philologen unter die Lupe genommen.

Mit der Teilnahme führender Mitglieder am jüngsten Geheimtreffen in Potsdam hat die verfassungsfeindliche AfD erneut ihre Maske fallen lassen. Nun beeilt sich diese weitgehend faschistische Partei zu behaupten, aus diesem «privaten Treffen» lasse sich nicht nachvollziehen, dass Remigration auch ihr Partei-Ziel sei.

Dies erinnert an das Vorgehen der Nationalsozialisten und ihre Verlogenheit. Bald nach Hitlers Machtübernahme waren missliebige politische Gegner ausgebürgert oder in Konzentrationslager gesteckt worden. Mit der sogenannten Reichstagsbrandverordnung vom 28. Februar 1933 hatten die Nationalsozialisten die Reichsverfassung außer Kraft gesetzt und danach einen Doppelstaat errichtet, wie Ernst Fraenkel es 1941 analysiert hat. Es gab weiterhin eine Fülle von Gesetzen, die suggerieren sollten, auch Hitlers Diktatur sei ein Rechtsstaat. Aber dieser war nur Fassade, denn tatsächlich regierte dahinter nackte menschenverachtende faschistische Willkür.

Was würden Charlie Chaplin oder Laurel & Hardy jetzt tun?

Der Humanist Chaplin hat sich immer wieder gegen Unmenschlichkeit eingesetzt. Dafür musste man nach seinen eigenen Worten keiner Religion angehören und kein Politiker sein, sondern «einfach ein anständiger Mensch». Würde Chaplin heute leben, würde er wahrscheinlich wieder genauso unerschrocken und entschieden eine Komödie gegen Faschismus und Diktatur drehen, die nicht nur in Deutschland grassieren.

Laurel und Hardy haben nicht nur sich selbst als Erwachsene der Lächerlichkeit preisgegeben. Aufgeblasene Respektspersonen und Amtsträger bekamen bei ihnen auch «ihr Fett weg». Gewiss haben die beiden Komiker nicht wie Chaplin politisch Position bezogen. Aber in zwei ihrer letzten, im Zweiten Weltkrieg entstandenen Komödien (sie zählen leider zu ihren stärksten Werken) karikieren sie das Dritte Reich und seine Schergen.

In Air Raid Wardens von 1943 hätten Stan und Ollie sich so gern im Zivilschutz engagiert, sind dabei aber kläglich gescheitert. Da kommen sie nationalsozialistischen Spionen auf die Spur, die eine Magnesium-Fabrik in die Luft jagen wollen. Um diesen das Handwerk zu legen und ihre eigene Scharte auszuwetzen, dringen Stan und Ollie in das feindliche Hauptquartier ein, wo sie natürlich sofort entdeckt werden. Die Spione zwingen Stan, Ollie à la Wilhelm Tell mit der Armbrust einen Apfel vom Kopf zu schießen. Stan trifft tatsächlich den Apfel, der sich hinter Ollie mit dem Pfeil in ein Hitler-Gemälde bohrt und dem Diktator buchstäblich den Mund stopft.

Der «Schrecken aller Spione»: Stan Laurel & Oliver Hardy in AIR RAID WARDENS (1943)
Position beziehen – im Film und im Leben

In The Big Noise aus dem Jahr 1944 sollen die tollpatschigen Detektive Stan und Ollie die Superbombe eines schrulligen Erfinders ins Verteidigungsministerium transportieren. Auf der letzten Etappe besteigen sie ein automatisch gesteuertes Flugzeug, das die US-Army während einer Flak-Schießübung abschießt. Sie stürzen mit der Bombe, die Stan in seine Ziehharmonika gesteckt hat, ab, können sich über dem pazifischen Ozean mit Fallschirmen retten. Dabei schweben sie über einem japanischen U-Boot, das an der Wasseroberfläche fährt.

Stan und Ollie werden Zeugen, dass an ein japanischer und ein deutscher Offizier Deck besprechen, ein US-Boot in einem Hafen aufbringen und zerstören zu wollen. Danach entbieten die feindlichen Offiziere, die sich unbeobachtet fühlen, einander zackig «Heil Hitler!». Da ruft Ollie Stan zu, die Bombe auf das japanische U-Boot zu werfen. Gesagt, getan, und das U-Boot explodiert.

Die Demokratie darf die verfassungsfeindliche AfD mit ihren unsäglichen Lügen und Plänen nicht länger gewähren lassen. Man darf sich nicht länger darauf beschränken, sich im stillen Kämmerlein über die AfD und ihre Machenschaften zu beklagen. Es gilt, diese rechtsextreme Partei und ihre Funktionsträger mit ihrem kruden Gedankengut inhaltlich in der Öffentlichkeit zu stellen und ihnen nicht zuletzt auch ins Gesicht zu lachen, wie es große Komiker gezeigt haben.

Norbert Aping

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