Aufstieg, Fall und Comeback des Fantasy-Films
Kaum ein anderes Genre hat in unserer digital technisierten Welt so viele Fans wie das Fantasy-Kino, das in einem imaginären Zeitalter mit Schwertern und Zauberern angesiedelt ist, wie etwa J. R. R. Tolkiens Der Herr der Ringe und J. K. Rowlings Harry Potter. George R. R. Martins Game of Thrones entwickelte sich zur meistdiskutierten Fantasy-TV-Serie der letzten Jahre. Sassan Niasseri widmet sich jenem Genre, das seit Beginn des neuen Jahrtausends Kino und Fernsehen dominiert wie kein anderes: Fantasy. Nach einer Blütezeit in den 1980er-Jahren ebbte die Welle ab, um vor 20 Jahren mit Macht zurück in die Kinos zu kommen.
Von Schwertern und Zauberern
Das Kinojahr 2001 stand im Zeichen von zwei Welten, die es nicht gibt. In der einen kämpfen Internatsschüler auf ihren fliegenden Besen gegen einen schwarzen Magier, der im Exil seine Wunden leckt und nun zur Welteroberung ansetzt. In der anderen machen sich Gnome aus ihrem beschaulichen Dorf zu einem fernen Vulkan auf, um einen Ring, dessen Besitz alles Leben zerstören kann, in einen Lavafluss zu werfen.
Harry Potter und der Stein der Weisen, nach dem Roman von J. K. Rowling, wurde der weltweit erfolgreichste Film des Jahres. Auf Platz zwei folgte Peter Jacksons Der Herr der Ringe: Die Gefährten, die Umsetzung des ersten Herrn der Ringe-Bands von J. R. R. Tolkien. Beides sind Fantasy-Filme, und Der Herr der Ringe fällt in ein Genre, von dem es sehr, sehr lange nichts Gutes zu hören gab: «Sword and Sorcery». Von Schwertern und Zauberern handeln solche Geschichten, von Elfen, Orks und Zwergen in mystischen Welten.
Bevor jedoch Der Herr der Ringe und Harry Potter 2001 das Kino eroberten, gab es über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrzehnt keine Großproduktion aus Hollywood, die sich der Fantasy widmete.
Gründe für das Comeback
Harry Potter und der Herr der Ringe kamen kurz nach den Terroranschlägen in New York, nach 9/11, ins Kino. Auch diese Filme wurden mit den Schrecken der realen Welt in Verbindung gebracht. Sie würden den Sieg des Guten über Armeen zeigen, die den Terror in unsere Welt tragen. Diese Zusammenhänge lassen sich natürlich untersuchen, sowohl bei den Fantasy-Filmen der 1970er-Jahre, als auch bei denjenigen des 21. Jahrhunderts. Sie wurden auch untersucht. Nur beweisen lassen sie sich nicht.
Kriege, Terror, Umweltdesaster? Es dürften weniger dramatische Gründe gewesen sein, die ursächlich sind für die erste Fantasy-Welle Ende der 1970er-Jahre und die zweite Welle 2001.
Die Spezialeffekte wurden besser. Krieg der Sterne ließ ab 1977 den Glauben wachsen, dass das Trick-Kino vor einem Durchbruch steht. Die Studios steckten mehr Geld in die Erschaffung künstlicher Welten, die immer realistischer
aussahen. Aber erst im neuen Jahrtausend kam alles zusammen. Größere Etats. Revolutionäre Effekte. Das Vertrauen in die Pläne ambitionierter Regisseure. Und nicht zuletzt das Vertrauen in die Zuschauer, dass sie auch dann in Scharen in die Lichtspielhäuser strömen, wenn aus Filmen Epen werden, sie eine Spieldauer von drei Stunden vorweisen.
Einer der «Sword and Sorcery»-Regisseure ist Ralph Bakshi, der 1978 den ersten – animierten – Herr der Ringe-Film drehte. Er sagt: «Natürlich ist Fantasy der schönste Eskapismus. Aber die Welt ist seit Jahrzehnten derart im Eimer, dass man auch seit Jahrzehnten schon ins Kino flüchten könnte. Dafür braucht es keine konkrete weltpolitische Katastrophe.»
Im Erscheinungsjahr dieses Buches (2021) feiern die drei größten Fantasy-Adaptionen der Neuzeit ihre Jubiläen: Der erste Herr der Ringe-Film, Die Gefährten, wird 20 Jahre alt, genau wie Harry Potter und der Stein der Weisen. Und die erste Staffel von Game of Thrones wurde vor zehn Jahren ausgestrahlt. Alle drei Geschichten werden nun im Kino und Fernsehen weitererzählt. Die Gemeinde kann es kaum erwarten.
Sassan Niasseri
Erfahren Sie hier mehr über die Geschichte des Fantasy-Films.
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