Die Sachgeschichten der SENDUNG MIT DER MAUS gibt es schon seit 50 Jahren

Wie wird eigentlich ein Löffel gemacht? In etwa so: Aus einer großen Metallplatte werden löffelförmige Stücke herausgestanzt. Per Hand werden die Stücke durch eine Walze gezogen, die den vorderen Teil plättet und vergrößert. Der äußere Rand wird weggestanzt und schließlich bekommt der Löffel durch weitere Stanzen und Schleifmaschinen seine typische Form. Dies war die erste Sachgeschichte der Sendung mit der Maus, die am 7. März 1971 ausgestrahlt wurde – unkommentiert, informativ und schnörkellos.

Armin Maiwald als Steinzeitmensch im Maus-Special zum Thema «Geld» (© Philipp Abresch)
Eine Sendung wird gemacht

Spulen wir 50 Jahre in die Zukunft, erfahren wir eine andere Art der Sachgeschichte. Armin Maiwalds markante Stimme, die gewohnt flapsig kommentiert, ist inzwischen ikonisch geworden, ebenso wie die Sendung selbst, die in den letzten Jahren zahlreiche Transformationen durchlaufen hat. 1975 kam der kleine blaue Elefant dazu, seit 1987 macht die gelbe Ente das Trio komplett. Christoph Biemanns grüner Pulli hat ebenso Wiedererkennungswert wie Ralph Caspers’ – der seit 1999 dabei ist – Brillengestell. Legendär auch die Sondersendungen, die in mehreren kurzen Episoden große Fragen beantworten: Wie funktioniert das Internet? Warum gibt es Geld? Wie haben die Menschen im alten Rom gelebt? Der Anspruch ist jedoch seither der gleiche geblieben: Die Wirklichkeit zeigen und erklären, aber nicht werten. Dieser Anspruch ist eines der Alleinstellungsmerkmale der Sendung mit der Maus – und eine Herausforderung für Dreharbeiten, wie Kameramann Kai von Westerman viele Male erfahren musste.

Der Augenblick der Wahrheit

Eine der Herausforderungen, die Kai von Westerman in seinen 28 Jahren, in denen er bereits Sachgeschichten mit Armin Maiwald dreht, fortlaufend begegnet, ist die Idee, dass die Aufnahmen wie beiläufig gefilmt aussehen sollen. Wenn beispielsweise eine Mitarbeiterin in einer Fabrik immer die gleichen Handgriffe ausführt, diese Handgriffe allerdings den eigentlichen Vorgang verdecken, wäre es naheliegend, die Mitarbeiterin zu bitten, diesen Handgriff einmal anders auszuführen. Nicht so bei den Sachgeschichten, denn hier soll nichts gestellt sein, nichts verändert oder aufgesagt werden. Auch verwehrt sich der Ton der Sachgeschichten jeder Rührseligkeit: auch wenn ein Kameramann gelernt hat, dass es sinnvoll sein kann, schöne und stimmungsvolle Bilder zu drehen, sind diese doch für die Sachgeschichten ungeeignet. Zweckmäßige und eindeutige Bilder sollen es sein. Ohne unnötiges drumherum, ohne Ablenkung. Denn, wie Armin Maiwald sagt: Fernsehen verändert die Wirklichkeit. Und diese Veränderung so klein wie möglich zu halten, um Vorgänge und Orte möglichst realitätsgetreu abzubilden, ist bei jedem Dreh wieder aufs Neue eine Herausforderung und führt zu einigen absurd-komischen Situationen.

Der ‹Augenblick der Wahrheit›
Sachgeschichten für jedes Alter

Obwohl die Sendung mit der Maus Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter als Zielgruppe anpeilt, liegt das Durchschnittsalter der Zuschauer*innen bei etwa 40 Jahren – kein Wunder, sind doch die Sachgeschichten auch für Erwachsene lehrreich und informativ. Denn wer könnte schon aus dem Stegreif in einfachen Sätzen erklären, wie das Internet funktioniert? Der Wahrheitsanspruch und daraus resultierende Tonfall der Sachgeschichten machen es leicht, sich etwas erklären zu lassen, da die Sachgeschichten stets auf Augenhöhe kommunizieren – und das merken auch Kinder, deren Entdeckungsfreude dadurch noch gestärkt wird. Bleibt zu hoffen, dass uns die Sachgeschichten auch in weiteren 50 Jahren noch die Welt erklären.

Toni Thonius

Mehr aus der Werkstatt der Sachgeschichten erfahren Sie hier.