Die Fotografin Katrin Schneider hat Provinzkinos porträtiert – die Fotos zeigen eine Welt voller Zauber und Nostalgie

«Kino ist ein romantischer Ort, so wundersam wie paradox. Man geht in einen abgeschlossenen Raum ohne Fenster und Licht, um die Welt zu erfahren. Die Realität lässt sich manchmal in ihrer Abwesenheit am besten erkunden. Und im schönsten Fall kehrt man als etwas anderer Mensch wieder in sie zurück, wandert eine innere Bewegung vom Bauch bis in den Kopf und setzt sich dort fest. Filme können nicht die Welt verändern, aber die Menschen, die sie sehen. Kinos sind Orte, die vom Glauben an diese Utopie erzählen.», so Andreas Dresen im Vorwort zum entstandenen Bildband Cinema Provinziale. Einige dieser romantischen Orte stellen wir hier genauer vor.

Kiez-Kino in Dessau

1996 eröffnete mit lediglich 45 Plätzen das «Kiez-Kino» – eines der kleinsten Kinos in Deutschland und damit das einzige Programmkino in Dessau. Es ist ein Projekt des 1991 gegründeten Vereins «Kulturelles Informations- und Einwohnerzentrum», kurz «Kiez», eine Initiative, die sich für den Erhalt historischer Bausubstanz einsetzt und das Gebäude sanierte. Ein Café kam hinzu, indem erste Filme vorgeführt und Projekte für Kinder und Jugendliche angeboten wurden.

Bis 2019 wurde das «Kiez-Kino» bespielt und pausierte dann für ein Jahr, bis eine Gruppe Filmbegeisterter 2020 den Verein «Film ab! in Dessau» gründeten und den Kinobetrieb wieder aufnahmen. Sie bieten regelmäßig anspruchsvolle Filme für alle Altersgruppen und thematische Kinowochen an. 2021 gewann das ehrenamtlich arbeitende Team den Hauptpreis des Kinoprogrammpreis Mitteldeutschland für das beste Jahresfilmprogramm für alternative Abspielstätten.

JAC Kino Attendorn

JAC – Die Buchstaben stehen für Johannes, Attendorn und Christin – aus einer Kombination ihrer Initialen und dem Standort bildete das Ehepaar Cordes den Namen ihres Kinos, das sie 2019 eröffneten. Christin Cordes führte da bereits seit 2012 mit dem «Lichtspielhaus» in Lennestadt das Traditionskino ihrer Eltern.

Das moderne Kino besteht aus fünf bis ins Detail individuell designten Sälen: Die Getränkehalter werden im eigenen 3-D-Drucker hergestellt, in den Sälen finden sich Sofas, Ohrensessel und Hocker zum Wohlfühlen. Bei der Programmauswahl wird ein besonderer Schwerpunkt auf Kinderfilme gelegt, ebenso gibt es Sonder-Filmreihen. Das «JAC Kino» bietet ein vielseitig aufgestelltes Kinoprogramm und wurde dafür wiederholt mit dem Kinoprogrammpreis Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.

Kunstbauerkino Großhennersdorf

Eine vom Film begeisterte Gruppe gründete 1993 den Verein «Kunstbauerkino» in Großhennersdorf. Ihnen ging es darum, auch in der ländlichen Region Filme zu zeigen, die abseits des Mainstreams stattfinden. Erste Spielstätte war ein ehemaliger Tanzsaal im Dorf. 1997 ging es an den heutigen Standort: das Gebäude der «Alten Bäckerei» Großhennersdorf. Mit anfangs 23 Sitzplätzen zählte das Kunstbauerkino zu einem der kleinsten Programmkinos Deutschlands.

2006 entschloss man sich zur Vergrößerung, eine Scheune auf dem Gelände wurde zum Neubau und das «Kunstbauerkino» wuchs auf 60 Plätze an. Seit Gründung des Vereins wird der Kinobetrieb von ehrenamtlich Mitarbeitenden getragen. Das Kino ist Veranstalter des trinationalen Neiße Filmfestivals mit Spielorten in Polen, Tschechien und Deutschland und bietet damit jährlich einen Einblick in das Filmschaffen der drei Nachbarländer. Als alternative Spielstätte wurde das «Kunstbauerkino» für sein Jahresprogramm wiederholt ausgezeichnet. In der ehemaligen Dorfbäckerei befindet sich auch eine Umweltbibliothek und das Kulturcafé «Alte Bäckerei» mit Sommergarten.

Mehr bezaubernde Kinos auf dem Land finden Sie im Bildband Cinema Provinziale.

Texte und Fotos von Katrin Schneider