Schauspieler, Komiker, Regisseur und Drehbuchautor *31. Juli 1914 †27. Januar 1983

Die Welt schien nicht auf den 1,64 Meter großen Spross einer aus Sevilla immigrierten Adelsfamilie gewartet zu haben. Gescheitert u.a. als Kürschner, Fotograf und Dekorateur arbeitete Louis de Funès nachts als Jazzpianist in Pigalle und nahm tagsüber Schauspielunterricht, wie er später sagte, weil er geglaubt habe, ein romantisches Äußeres zu haben. Ab 1945 folgten erste Kleinstauftritte im Film und 1957, mit schon schütterem Haupthaar, erste Hauptrollen, oft als Patriarch in eher mäßigen Komödien.

Louis de Funès als Restaurantkritiker Charles Duchemin in BRUST ODER KEULE
Louis de Funès als Restaurantkritiker Charles Duchemin in BRUST ODER KEULE (© StudioCanal)
Rasanter Aufstieg

Dann plötzlich, mit inzwischen 50 Jahren, wirbelt er in kürzester Zeit mit drei Filmen das französische Kino durcheinander: Im September 1964 spielt er in Der Gendarm von St. Tropez den an einen Luxusbadeort mit dem Kriminalitätsschwerpunkt «illegaler Nudismus» versetzten Provinzpolizisten. Ein pedantischer Eiferer, ebenso unausstehlich gegenüber Untergebenen wie unterwürfig gegenüber dem Vorgesetzten, aber mit atemberaubender Rasanz (fünf Fortsetzungen, 1965 bis 1982).

Zwei Monate später startet Fantomas mit Jean Marais in einer Doppelrolle als Held und Superschurke, aber das Publikum begeistert sich stattdessen für de Funès als unfähigen Kommissar. Marais findet sich in den beiden Fortsetzungen (1965, 1967) zum Beiwerk degradiert, was er de Funès nie verzeihen wird. Im März 1965 dann Scharfe Sachen für Monsieur. De Funès ist eigentlich der Antagonist zum etablierten Komiker Bourvil, doch der hyperaktive de Funès und der passive Bourvil verschmelzen zum perfekten Duo, und werden eilig für Drei Bruchpiloten in Paris (1966) erneut zusammengerufen, der mit 17 Millionen Zuschauern einen neuen französischen Rekord aufstellt.

In Hasch mich – ich bin der Mörder (1971) versucht de Funès‘ Figur Brisebard, eine Leiche verschwinden zu lassen. Der Inspektor (Bernard Blier) hat Lunte gerochen und nimmt seinen Verdächtigen beiseite. Nach einem kurzen Vorspiel – de Funès sinkt im Sofa ein und endet nach einigen Versuchen in unbequemer Sitznähe zum bulligen Blier – gipfelt das Verhör des den Unwissenden spielenden Brisbard in wiederholter, variierter Einsilbigkeit: «Monsieur Jo war ein Erpresser.» «Nein!» «Doch!» «Oh!» «Und wir haben bei ihm eine Liste der Leute gefunden, die von ihm erpresst worden sind.» «Nein!» «Doch!» «Oh!» «Und ich bin heute hier, weil Sie auf dieser Liste stehen.» «Ich?» «Sie!“ «Nein!» «Doch!» «Oh!»

Louis de Funès in FANTOMAS GEGEN INTERPOL
Louis de Funès in FANTOMAS GEGEN INTERPOL (© Tobis / UFA / Universum Film)
Eine Comedy-Legende

De Funès inszeniert Worte wie Reflexe und er unterbaut sie im Visuellen – hier durch brillante Deplatzierung der Figuren auf dem Sofa. Er will, dass seine Pointen nie Nummernrevue sind, sondern aufeinander aufbauen und mit der Handlung eine glaubhafte, organische Einheit formen.

Er schreckt selbst vor schwierigen Charakteren nicht zurück. In Die Abenteuer des Rabbi Jacob (1973) spielt er z.B. einen antisemitischen Fabrikanten. Er vermeidet dabei Sentimentalitäten – wenn eine Katharsis stattfindet, dann keinesfalls auf Kosten des Erzähltempos. In entsprechender Rastlosigkeit dreht er durchschnittlich drei Filme pro Jahr bei gleichzeitigen Theaterhauptrollen, bis ihn 1974 zwei Herzinfarkte zum Kürzertreten zwingen. Nach sechs weiteren Filmen – darunter im grandiosen Brust oder Keule (1976) als Kulturverteidiger gegen die Barbarei des Convenience Foods oder in der Molière-Adaption Der Geizkragen (1980) – stirbt er mit 68 Jahren an den Folgen eines weiteren Infarktes.

Die Arbeit mit dem damals populärsten europäischen Komiker galt nicht als einfach. «Ich bin es, den das Publikum sehen möchte, ich bin derjenige, den es schlecht findet, wenn der Film misslungen ist,» wird er zitiert, und mischte sich in Drehbuch, Regie und Schnitt ein. Die Ergebnisse haben ihm recht gegeben.

Carsten Tritt

Dieser Beitrag stammt aus dem Filmkalender 2024. Auch der Kalender für 2025 enthält Portraits von Filmschaffenden und spannende Textbeiträge.