Science-Fiction Kultfilme

Was macht einen Film so besonders, dass er zum Kultfilm wird? Warum gilt Flesh Gordon, die auf dem Planeten «Porno» handelnde Sexfilm-Parodie zu Flash Gordon, gemeinhin genauso als Kultfilm wie Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey? Dass Frankenstein meets the spacemonster und Ridley Scotts Alien hier in einem Atemzug genannt werden können zeigt, dass Kultfilme nicht zwangsläufig für das große Publikum gemacht sind. Auch der wirtschaftliche Erfolg spielt keine besonders relevante Rolle. Gerade durch lächerliche Produktionsbedingungen, den eigensinnigen Einsatz von nicht immer qualitativ hochwertigen Spezialeffekten, aber eben auch die unfreiwillig komische Wirkung der Filme, führen oftmals zu diesem Kultstatus, der von einem sehr individuellen oder sogar postmodernen Publikum geschaffen wird.

Aus dem Buch Science-Fiction Kultfilme (https://bit.ly/2keYKx5) von Angela Fabris und Jörg Helbig zitieren wir im Folgenden aus dem Kapitel über den Kultfilm The Rocky Horror Picture Show von Susanne Bach, der auf dem Musical The Rocky Horror Show von Richard O’Brien basiert.

Vom B-Movie zu ‹Be Movie›

«Brad Majors und Janet Weiss, frisch verlobte leftovers from the 50’s haben in einer regnerischen Nacht in einem unheimlichen Wald eine Reifenpanne. Nach einigem Suchen stoßen sie auf ein nahegelegenes Schloss, von dort aus wollen sie Hilfe rufen. Doch statt der Gelegenheit zum Telefonieren treffen sie auf den außerirdischen Wissenschaftler Frank-N-Furter vom Planeten Transsexual aus der Galaxie Transsylvanien […]. In dieser Nacht will er seinen Anhängern Rocky – blond, blauäugig, muskulös – präsentieren; ein künstlich geschaffenes Wesen, das Frank-N-Furter zu einem – wohl hauptsächlich sexuellen – Vergnügen erschaffen hat. Gegen ihren Willen werden Brad und Janet Zeugen von Rockys ‹Geburt›, der in dieser einen Nacht ein ganzen Leben durchläuft: er wird geboren, verliert seine sexuelle Unschuld, und stirbt. Die Erlebnisse im Schloss lassen auch Brad und Janet nicht unverändert: Ihre (Moral) Vorstellungen werden umfassend in Frage gestellt, denn dem Transvestiten Frank-N-Furter gelingt es, beide zu täuschen und zu verführen.

Filmplakat

Reunion der Archetypen

Alles, was sich im kulturellen Unterbewussten, Halbbewussten und Bewussten, im Marginalisierten und Ausgegrenzten angesammelt hat, feiert hier, in der Rocky Horror Picture Show, fröhliche Umstände: Nixon und Reagan, blow job und elbow sex, Dantes Inferno und Sci-Fi Horror movies, Hetero-, Bi- und Homosexualität, Großbritannien und USA, sex and drugs and rock ’n’ roll, Der Weiße Hai und Grant Wood, Gott und die Welt, sub und dom, postmoderne Beliebigkeit und ein viktorianischer Erzähler, die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, ein Karneval der Zitate, Assoziationen und Plagiate, des Camp und der Transen, einer straight, closet und gay happiness, die sich aus den Fängen des Muffs der 1950er- und 1960er-Jahre befreit hat und die gleichzeitig zurück und nach vorn schaut – bis hin zur Prophezeiung eines Präsidenten und der Ahnung der Aufhebung juristischer Sanktionen gegen Homosexuelle.

Der Film schichtet palimpsestartig mehrere Ebenen übereinander, er kann als unbeschwert-fröhliches Musical zum Mitsingen und Mittanzen rezipiert werden, er kann als Heterotopie bzw. politische Herausforderung der heterosexuellen Normativität verstanden werden.»

Susanne Bach

https://bit.ly/2keYKx5