Eine packende Neuinterpretation von Edgar Allan Poes berühmter Erzählung über den tiefen Fall einer reichen Familie: Die fünfte Horror-Serie von Regisseur und Autor Mike Flanagan für Netflix.
Edgar Allan Poe gehört zu den Pionieren der fantastischen Literatur, sein früher Tod unter mysteriösen Umständen passt zu seinem Werk. Auch fürs Medium Film ist die Bedeutung des Schriftstellers nicht zu unterschätzen; über die zahlreichen Adaptionen seiner Vorlage hinaus haben seine Bildwelten und Angstfantasien das Horrorkino immer wieder inspiriert. Regisseur und Drehbuchautor Mike Flanagan liefert mit seiner neuen Serie Der Untergang des Hauses Usher nun eine weitere filmische Interpretation aus dem Poe-Kosmos. Der Horror-Spezialist macht aus einer der berühmtesten Kurzgeschichten Poes etwas ganz Eigenständiges, das neben zum Teil derbem Horror auch etliche Stellungnahmen zum heutigen Amerika zu bieten hat.
Drama um eine junge Gymnasiallehrerin, die Diebstählen an ihrer neuen Schule nachforscht und sich am eigenen moralischen Anspruch zu verheben droht
Eine der vielen guten Entscheidungen des Regisseurs İlker Çatak und seines Co-Drehbuchautors Johannes Duncker in ihrem Schuldrama Das Lehrerzimmer besteht darin, dass die Hauptfigur, die junge Lehrerin Carla Nowak (Leonie Benesch), keine Deutschlehrerin ist. Ebenso wenig unterrichtet sie Religion oder Geschichte. Keines jener Fächer also, die sich aufdrängen, wenn ein Regisseur etwas über gesellschaftlichen Zusammenhalt erzählen will.
Leicht erzähltes, tiefgründiges Drama um die Selbstfindung einer jungen Frau mit großer Sensibilität für die gegenwärtigen gesellschaftlichen Umbrüche
Es ist Sommer in Oslo, der Tag neigt sich seinem Ende zu. Goldenes Licht schwebt über der Stadt, die sich dem Blick einer jungen Frau (Renate Reinsve) wie ein Panorama unendlicher Möglichkeiten öffnet. Rauchend steht sie in einem zarten schwarzen Abendkleid auf einer Anhöhe, hat für einen Augenblick das laute Treiben einer Feier in der hinter ihr liegenden Villa verlassen, um kurz ganz bei sich zu sein. Statt einer Handtasche trägt sie nur ihr Smartphone bei sich. Der auftauchende Reflexionsraum verschließt sich schon wenige Augenblicke später, als ihre Aufmerksamkeit ganz automatisch zurück zum Bildschirm wandert. Dabei ist dieser Moment ein Wendepunkt in Julies Leben. Wie sich herausstellen wird, markiert er eine Zäsur mit weitreichenden Folgen.
Das Lexikon des internationalen Films: Im Datendschungel
In den letzten Monaten saßen wir aus bekannten Gründen oft zu Hause und haben Filme geguckt. Aber Anregungen zu finden und Entdeckungen zu machen war oft gar nicht so einfach. Die Anzahl der Streamingdienste nimmt immer weiter zu, das Angebot wird immer unübersichtlicher. Da fällt es nicht immer leicht, sich bei der ständigen Verfügbarkeit für einen Film zu entscheiden – und sich darauf auch einzulassen.
Auf der Suche
Hilfreich ist da der Blick in den aktuellen Jahresband des Lexikon des Internationalen Films. Dort sind auf über 500 Seiten die Neuerscheinungen des Jahres zusammengetragen. Es finden sich fundierte Kurzkritiken der Filme, sowie die Besprechungen von DVD- und Blu-ray-Editionen, bei denen auch gut gemachte Editionen mäßig bewerteter Filme ausgezeichnet werden können. Gerade für Zeiten, in denen Filme in den eigenen vier Wänden konsumiert werden müssen, lohnt sich der Blick in die DVD- und Blu-ray-Rubrik. Beim Stöbern durch die zahlreichen Beiträge bleibt dabei ein wichtiges Element der Inspiration erhalten – der Zufall. Ohne ihn wären Entdeckungen wie etwa das Penicillin, Teflon oder die Fotografie ausgeblieben. Bei der Filmauswahl sollen neue Entdeckungen ebenfalls nicht ausbleiben. Man stolpert über Filme, die man verpasst hat oder doch gern sehen möchte.
Hilfreiche Datenbank
Das Filmjahrbuch ist mehr als die jährliche Aktualisierung der Filmdienst-Datenbank in Printform. Es enthält auch einen detaillierten Jahresrückblick, Filmpreise und Auszeichnungen und diverse Beiträge aus dem Filmdienst, die bisher nur online zu lesen waren. Aber das Herzstück bleibt die elektronische Datenbank des Filmdienst. Grund genug mal zu schauen, was dort im Datendschungel zu finden ist. Wir fragen Marius Nobach, den verantwortlichen Redakteur.
In diesen Tagen ist das Buch Freie Sicht aufs Kino. Filmkritik in der Schweiz, herausgegeben von Philipp Brunner, Tereza Fischer und Marius Kuhn erschienen. Wir zitieren im folgenden aus dem Beitrag von Andreas Scheiner über Die Filmkritik im digitalen Wandel. Auch wenn der Autor in erster Linie Stimmen aus der Schweiz zu Wort kommen lässt, dürften die beschriebenen Phänomene auch für andere Länder gelten.
Zeitungen sind out. Man hat es mitbekommen. Auflagen schwinden, Journalisten und Journalistinnen werden abgesagt wie früher die Baume, aus denen das Druckpapier ist. Im Kulturressort zuallererst: Als die Medienhäuser das Licht des World Wide Web erblickten und den Karren gegen die Wand fuhren, sass das Feuilleton auf dem Beifahrersitz. Es war nicht angeschnallt. In der Filmberichterstattung kam es vor rund zehn Jahren zum Crash, wie Andreas Maurer, ein ehemaliger «NZZ»-Filmkritiker, in seinem Buch «Filmriss » festhält: «Spätestens als im Marz 2010 nach 31 Jahren der Chefkritiker von ‹Variety›, Hollywoods traditionsreichstem Branchenblatt, aus Spargründen entlassen wurde, war klar: Nicht die Filmkritik ist kritisch, sondern ihr Zustand ― in der Schwebe zwischen Arglosigkeit und Bedeutungslosigkeit.» Kollege Christoph Egger klang ähnlich. Als der Mann, der 1978 seine erste Filmkritik fur die «NZZ» geschrieben hatte, 2009 vorzeitig in Pension ging, klinkte er sich mit einem Artikel aus: «Abschied von der Filmkritik». Er meinte nicht nur den eigenen; Egger beobachtete eine Entwicklung, «die zu signalisieren scheint, dass die ‹klassische›, mit der Tageszeitung verbundene Filmkritik, wie sie sich im Verlauf eines knappen Jahrhunderts etabliert hat, an ein Ende gekommen ist» … Augenfällig auch: Um 2009 und 2010 wurde die Sorge um den Berufsstand vermehrt öffentlichkeitswirksam artikuliert. Im Januar 2009 war die Filmpublizistik ein Thema an den Solothurner Filmtagen. Christian Jungen (damals «Mittelland Zeitung») moderierte ein Podium: «Print-Profis versus Blog-Banausen ». Neben Profis wie Trudy Baumann («Zuritipp») oder Martin Walder («NZZ am Sonntag») saß der «Banause» Thomas Hunziker. «Zum Auftakt», so rekapitulierte Hunziker die Veranstaltung auf filmsprung.ch, «rechnete Michel Bodmer vor, wie er früher von der ‹NZZ› für eine reguläre Filmbesprechung noch 270 Franken erhielt, mittlerweile nach zwei Kürzungsrunden jedoch nur noch 140 Franken». Die «seriöse» Filmkritik, befand Hunziker, sei also weniger durch die Konkurrenz aus dem Internet in Gefahr, als «durch die knausrigen Verleger, die für die Inhalte ihrer Blätter nur noch Hungerpreise bezahlen wollen». Wer war zuerst, der knausrige Verleger oder das Internet? Darüber ließe sich trefflich streiten …
Alle sagen das Gleiche, auch Simon Kümin: «Die Filmkritik hat an Wert verloren. » Kumin, Mitte dreißig, von Beruf Texter, hat 2016 das Onlinefilmmagazin «Maximum Cinema» mit aufgebaut und sitzt sozusagen als Vertreter der Filmkritik 2.0 am Tisch. «Man kann sich auf IMDb informieren, in Facebook-Gruppen werden Filmtipps ausgetauscht, jeder googelt seine Trailer selber», so fasst er die Sachlage zusammen. «Die Medien haben nicht mehr die Autorität wie früher Früher waren sie die einzige Quelle, die gesagt hat: Das ist gut, das ist schlecht.» Kumin sieht Vor- und Nachteile. Blum auch. Es sei gut, dass Medien Autorität verloren, sagt er. «Es ist eine Form von Demokratisierung.» ― «Trailer schauen ersetzt aber keine Rezension!», stellt Bodmer klar …
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