Schauspieler *4. April 1965
Bei seinem Oscargewinn letztes Jahr dankte Robert Downey Jr. erstens seiner »grauenhaften Kindheit«, zweitens seiner Frau, »die mich als keifenden, tollwütigen Streuner gefunden und mit ihrer Liebe zurück ins Leben gepäppelt hat«, und drittens seinem Anwalt, »der die letzten 40 Jahre damit zugebracht hat, eine Versicherung für mich zu suchen und mich aus dem Kittchen rauszuholen«. Es war die perfekte Rede für einen Schauspieler, der wie kein anderer die tiefsten Tiefen genauso erlebt hat wie die höchsten Höhen.

Sein Vater, ein erfolgreicher Regisseur, besorgte ihm früh erste Rollen – und ließ ihn mit acht Jahren das erste Mal Drogen probieren. Bald war Downey Teil des berüchtigten «Brat Packs», das in den 1980ern für Teenie-Komödien und Drogen-Partys bekannt war.
Doch Downey hatte Talent zu mehr: Sein anrührendes Portrait eines Junkies war die herausragende Rolle in der Brett-Easton-Ellis-Verfilmung Unter Null (1987) und, wie Downey später sagte, »ein Gespenst meiner eigenen Zukunft«. Bevor diese Zukunft anbrach, mit nur 27 Jahren, legte Downey eine der großen Performances des Jahrhunderts hin: In der Titelrolle von Richard Attenboroughs Chaplin (1992) brillierte er mit virtuosem Slapstick und spielte Chaplin bis ins hohe Alter von 80 Jahren.

Doch auf diesen Triumph folgte ein Jahrzehnt der Rückschläge, wie es kein Hollywood-Star je hatte – und von dem bestimmt keiner jemals zurückgekommen ist: Ein halbes Dutzend Verhaftungen wegen Kokain, Heroin, Haschisch und Valium, mehrere Besuche in Entzugskliniken, schließlich ein Jahr im Gefängnis, Scheidung, Pleite, Obdachlosigkeit. Paradoxerweise legte er in seinen kurzen Phasen der Nüchternheit einige sehr erfolgreiche und preisgekrönte Auftritte in Film und Fernsehen hin – nur um dann wieder rückfällig zu werden. Am tiefsten Punkt beschrieb er einem Richter sein Leben so: »Es ist, als hätte ich eine Schrotflinte in meinem Mund, und ich spiele am Abzug herum. Aber ich kann sie nicht aus dem Mund nehmen, ich mag den Geschmack des Metalls zu sehr.«
Der Weg zurück von diesem Abgrund war lang und steinig. Niemand bezweifelte Downeys Talent, aber keine Versicherung wollte das Schicksal eines Millionen-Dollar-Films einem mehrfach rückfälligen Junkie anvertrauen. Für sein Film-Comeback The Singing Detective (2003) übernahm sein alter Freund Mel Gibson das finanzielle Risiko. Und bei Shane Blacks Action-Komödie Kiss Kiss Bang Bang (2005) behielt Produzent Joel Silver Downeys Gage ein, bis dieser den Dreh nüchtern absolviert hatte.
Es waren diese Rollen, die Hollywood daran erinnerten, wie charmant und virtuos Downey aufspielen konnte, und die zu seinem triumphalen Doppelschlag 2008 führten: In der Hollywood-Satire Tropic Thunder spielte er einen australischen Method Actor, der einen schwarzen G.I. spielt – ein absurder Drahtseilakt und die einzige Oscarnominierung für eine Komödienrolle im neuen Jahrtausend.
Und dann war da noch dieser kleine Film namens Iron Man… es gab zahlreiche Bedenken, aber niemand konnte den ausschweifenden Lebemann und komplexen Antihelden besser spielen als Downey, auf dessen Schultern nicht nur das milliardenschwere Marvel Cinematic Universe entstand, sondern auch der Trend, Meistermimen als Comicfiguren zu besetzen, um ihnen echte Gravitas zu geben. »In amerikanischen Lebensgeschichten gibt es keinen zweiten Akt«, schrieb F. Scott Fitzgerald einmal. RDJ hat gezeigt, dass ein zweiter Lebensakt nicht nur möglich, sondern sogar glorios sein kann. Man braucht nur ein paar Freunde im Filmgeschäft, die richtige Frau und den richtigen Anwalt.
Daniel Bickermann
Dieser Beitrag stammt aus dem Filmkalender 2025. Auch der Kalender für 2026 enthält Portraits von Filmschaffenden und spannende Textbeiträge.


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