Der Blog des Schüren Verlags über Kino, Medien, Filme und was sonst so betrachtet werden kann

Schlagwort: Caligari

Conrad Veidt

geb. 22.1.1893 / gest. 3.4.1943

Er war noch nicht einmal fünfzig, als sein Herz versagte; er hatte immer zu viel von ihm verlangt. Stummfilmstar, absolut und kategorisch wie vielleicht außer ihm nur noch Asta Nielsen, hatte er mit dem Tonfilm nicht nur fürs Kino zu sprechen lernen müssen, er musste es auch gleich in einer fremden Sprache lernen. Als abzusehen war, wie weit es die Nazis in Deutschland treiben würden, zog es ihn nach England und dann nach Amerika. Dort war Conrad Veidt schon einmal für zwei Jahre und vier Filme gewesen, 1927 bis 1929. Geblieben war er nicht, weil er in Hollywood nur doppelt war, was er einfach auch in Babelsberg und in allen seinen Filmen war: ein Fremder.
Geboren als Sohn eines preußischen Feldwebels, kommt der Medizinstudent (andere Quellen lassen ihn schon auf dem Gymnasium scheitern) eher zufällig mit dem Theater und Max Reinhardt in Berührung, der sein Talent entdeckt und fördert. Erste Filme heißen (seit 1916) Der Spion, Wenn Tote sprechen oder Das Tagebuch einer Verlorenen, wovon es zwei Folgen gibt, ebenso wie von Prostitution. Und schon steckt dieser Conrad Veidt fest im Rollenfach des zwielichtigen Verführers: bleich-gesichtig und hager, groß gewachsen und mit un- (oder über-)natürlich großen, weit auseinander stehenden und stechenden Augen. In denen scheinen Laster und Perversion zu brennen, Morbidität und unkontrollierbare Leidenschaft. Und, allerdings, als Versprechen einer Lust, von der sich die bürgerliche Moral (und deren Kino) nur in den allerkühnsten Träumen etwas träumen lässt.
Es ist vor allem Friedrich Wilhelm Murnau, der diesen ambivalenten und doppelgesichtigen Conrad Veidt differenzierter zu sehen scheint, in Satanas oder Der Gang in die Nacht und vor allem Der Januskopf. Dass diese Filme Murnaus als nicht erhalten gelten müssen, gehört zur besonderen, in diesem Fall geradezu diabolischen Ironie der Filmgeschichte. So nämlich hatten sie und Murnau keine Chance, das Bildnis des Conrad Veidt nachhaltig und für die Nachwelt zu prägen.

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Dämon der Leinwand

Würdigung des herausragenden Schauspielers Conrad Veidt

«Er hat beschwörende Augen. Einen unheimlichen Mund. Eigenartige Hände. Sein Gang ist beängstigend – und faszinierend. Sein Lächeln kann sadistisch sein – oder sehr possierlich. Da ist etwas an ihm, das nicht ganz normal erscheint. Aber ich weiß nicht, was es ist. Man schaut ihn an und denkt ‹Irgendetwas geht hier vor!›» So schilderte die Filmjournalistin Gladys Hall 1941 ihre Begegnung mit Conrad Veidt.

Conrad Veidt (1893–1943) war der prägende Schauspieler der expressionistischen Phase des deutschen Films in den 1920er-Jahren, etwa in Das Cabinet des Dr. Caligari (1919). Aber auch in den Jahren danach drehte Veidt in Deutschland, England und in den USA viele Filme, denen er durch seine charakteristische, dämonische Ausstrahlung einen besonderen Charakter verlieh.

Nach anfänglicher Ablehnung des Filmgeschäfts wurde er rasch das Gesicht des deutschen Films: Conrad Veidt scheute sich nicht, in unbequemen Filmen wie Anders als die anderen (1919) mitzuspielen, dem ersten Film, in dem Homosexualität zum Thema gemacht wurde. 1933 verließ Veidt Deutschland und engagierte sich als entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. In Erinnerung bleibt sein Auftritt in seinem vorletzten Film, Casablanca (1944). Dort spielt er den deutschen Major Strasser.

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