Nick Deocampo über die Geschichte des alternativen Kinos auf den Philippinen und seine Verbindungen zum Neuen Deutschen Film.
Wenn ich über die Geschichte des alternativen Kinos auf den Philippinen schreibe – eines Kinos, das in Opposition zur kommerziellen Filmindustrie des Landes steht –, dann behaupte ich, dass sein bahnbrechender Einfluss und seine Inspiration vom Neuen Deutschen Film ausgingen.

Ich sah im Engagement einer jungen Generation philippinischer Filmemacher für das damalige internationale Filmphänomen der 1970er-Jahre (eben den Neuen Deutschen Film) eine Möglichkeit, Nonkonformität gegenüber den etablierten ikonografischen Praktiken zum Ausdruck zu bringen, die aus der amerikanischen Kolonisierung des Landes (d. h. der Hollywood-Erfahrung) und der einheimischen Filmtradition, die aus einer hundertjährigen Filmpraxis hervorgegangen war.
Noch wichtiger ist, dass ich in den neuen deutschen Filmen einen befreienden Weg sah, der sowohl die Bildsprache als auch die Form revolutionierte und Filme hervorbrachte, die es im philippinischen Kino noch nie gegeben hatte.
Dieser Essay legt Zeugnis ab von diesem kulturübergreifenden Phänomen, indem er die Auswirkungen, die Akzeptanz, die Innovation und die Einflüsse der deutschen Filmkultur aufzeigt, die ab den 1980er-Jahren zu einem einzigartigen Wachstum des philippinischen Films führten.
Erste Kontakte mit dem deutschen Film
In diesem Essay komme ich nicht umhin, persönlich zu werden. Das liegt daran, dass ich mich im Zentrum der Ereignisse befand, als der Neue Deutsche Film auf die Philippinen gelangte und begann, eine neue Generation von Filmemachern zu beeinflussen – vielleicht die letzte aus der Zelluloid-Ära vor dem Ansturm von Video und den digitalen Formaten.
Als ich 1979 am Film Center der University of the Philippines arbeitete, war ich für die Organisation von Filmworkshops und -seminaren verantwortlich, was mich in die beneidenswerte Lage versetzte, Ausbildungsprogramme zu organisieren, die ebenfalls Filme produzierten.
Der British Council, das Center Cultural Jefferson (die amerikanische Kulturorganisation), das Instituto Cervantes, die französische Botschaft und andere Kultureinrichtungen stellten Filme zur Verfügung, die ich in meinen Klassen zeigen wollte. Aber obwohl es diese Fülle von Möglichkeiten gab, war es das Goethe-Institut, das die konkreteste und produktivste kulturelle Zusammenarbeit ermöglichte. Es ermöglichte mir einen einfachen Zugang zu Filmen, die ich im Unterricht zeigen konnte. Der damalige Direktor des Instituts, Dr. Gerrit Bretzler, spielte eine entscheidende Rolle bei der Einführung philippinischer Zuschauer in deutsche Filmklassiker im ehemaligen GI-Zentrum am Aurora Boulevard in Quezon City.

Die Nächte, die ich damit verbrachte, deutsche Filmklassiker zu sehen, haben sich gelohnt, denn diese Filme entführten mich in eine andere Welt, die so ganz anders war als die, die ich im Kino sah. Was mich am meisten anzog, waren der visuelle Stil und die dunklen Emotionen der Filme, auch wenn ich sie sprachlich nicht ganz verstand, weil sie auf Deutsch liefen, obwohl Untertitel hilfreich waren. Die Stummfilmklassiker haben mich am meisten beeindruckt. Die Filme von Fritz Lang, Murnau und Pabst haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt, da sie eine breite Palette menschlicher Gefühle zum Ausdruck bringen.
Mein Appetit auf deutsche Filme wurde noch größer, als das Neue Deutsche Kino kam, das wie ein frischer Wind in einer Welt wirkte, die bereits von der Vorstellung der deutschen Filmklassiker durchdrungen war.
Das Entwickeln einer eigenen Film-Identität
Meine Begeisterung für den deutschen Film wurde allerdings jäh unterbrochen, als ich Ende 1981 nach Paris ging, um dort an einem dreimonatigen Filmworkshop teilzunehmen. Während ich in Frankreich das Filmemachen studierte, war es doch Deutschland, wo ich den Wunsch hegte, Filme zu machen. Gleich nach Abschluss meines Filmstudiums in Paris reiste ich nach Berlin, um mein erstes internationales Filmfestival zu besuchen – die Berliner Filmfestspiele 1982.
Als ich auf die Philippinen zurückkehrte, wusste ich, dass ich Forderungen an das Goethe-Institut stellen musste. Ich wollte die neuen deutschen Filme sehen, die jetzt international Furore machten. Ein Wunsch, der mir freundlicherweise erfüllt wurde. Filme des Neuen Deutschen Films strömten herein, und in den von mir organisierten Workshops begann ich, Filme der bedeutenden neuen deutschen Regisseure zu zeigen – Fassbinder, Herzog, Wim Wenders, Alexander Kluge, Rosa von Praunheim, Margaretha von Trotta und andere. Gemeinsam mit meinen Studenten begann ich, mich für die unkonventionellen Themen und visuellen Stile dieser neuen Welle von Filmemachern zu begeistern.

© Nick Deocampo Collection
Die Zusammenarbeit mit deutschen Regisseuren, die unsere jungen Filmemacher ausbilden sollten, war eine ideale Partnerschaft, die sich aus der Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut ergab. Das «Goldene Zeitalter des philippinischen Independent-Kinos» war im Entstehen begriffen. Die vielen Filmemacher, die nach Manila kamen, wie Janetzko, Mauch, Farocki, Petzke und andere, brachten unseren jungen Filmemachern Lektionen im Filmemachen bei, die für die Entwicklung unserer eigenen Filme hilfreich waren. Während wir deutsche Filme zeigten, haben auch wir unser eigenes Kino entdeckt.
Unter den Filmemachern, die an diesen Workshops teilnahmen, sind Namen, die heute für ihre meisterhaften Werke im unabhängigen philippinischen Kino stehen: Raymond Red, Roxlee, Yam Laranas, Joey Agbayani, Louie Quirino, Ditsi Carolino, Regiben Romana, Ricky Orellana, Victoria Donato, Rune Layumas, und viele andere.
Nick Deocampo
Ein gekürzter Essay aus dem Buch Das philippinische Kino.
Deutsche Übersetzung von Ingo Petzke.

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