Der Blog des Schüren Verlags über Kino, Medien, Filme und was sonst so betrachtet werden kann

François Truffaut: Ein Leben für das Kino

Das Leben und die Filme des François Truffaut.

Gewiss, das Leben des François Truffaut war kurz. Aber es war ein reiches Leben und es war sehr folgenreich für das Kino. Für ihn war das Kino schon seit seiner Kindheit die «Beste aller Welten». Im Kino konnte er alles ausleben und erleben, was ihm seine Biografie anfangs versagt hatte. Doch er öffnete es auch als Fenster in neue Welten für Millionen von Zuschauern, die noch heute seine Filme lieben.

François Truffaut bei den Dreharbeiten zu DIE SÜSSE HAUT (1964)
© Sammlung Robert Fischer

Truffaut hat so viele schöne Kinomomente hingezaubert, dass man sich im Universum seiner Figuren und ihrer Lebenswelten durchaus zu Hause fühlen und trotzdem auch verlieren kann. Dennoch führt alles immer wieder zurück zu Sie küssten und sie schlugen ihn, zu dem Film, mit dem François Truffaut die Weltbühne der Kinematographie in Cannes betrat, mit der «Menschlichen Komödie» des im Film 13-jährigen Antoine Doinel, der nur im Kino und in seinem Lügengebäude ein flüchtiges Glück finden kann, bevor er in der letzten Szene, wenn er sich am Meeresstrand frei läuft und die Kamera auf sein Gesicht fährt, das einfriert, zur Kinoikone wird.

Jean-Pierre Léaud als Antoine Doinel in SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN
beim finalen Lauf ans Meer
© Les Films du Carrosse / SEDIF

Das ist auch der Beginn der Kinokarriere des Jean-Pierre Léaud als Alter Ego von François Truffaut nicht nur in den weiteren Geschichten um Antoine Doinel, die mit Liebe auf der Flucht 1979 enden. Auch in Die amerikanische Nacht, in dem Truffaut selbst den Regisseur mimt, ist Léaud anwesend und als törichter Liebender immer auch eine ironische Paraphrase der Kunstfigur Doinel, in die Truffaut seine ganze Liebe legte.

Truffaut bemühte sich sein ganzes Leben auch um die Liebe zum Kino und schuf dabei ein Kino der Liebe zu den Menschen, das mit ihm zu verschwinden drohte, auch wenn es immer wieder aufscheint in zahllosen Filmen anderer Regisseure, die durch Truffauts Filme sozialisiert worden sind. Oft wirken seine Filme leicht und luftig, doch dahinter verbirgt sich oft eine tiefe Melancholie, die man manchmal erst auf den zweiten Blick entdecken kann. Am Ende verdichten sich all die flüchtigen Momente aus seinen Filmen, die man festhalten möchte, zum einem Porträt der Cinephilie selbst, der Liebe zum Kino, gespiegelt im Werk eines Mannes, der das Kino liebte und ihm sein ganzes Leben schenkte.

François Truffaut schenkt uns sein Kino. Bild aus DAS GRÜNE ZIMMER.
© Sammlung Robert Fischer

Auch wenn François Truffaut 1984 gestorben ist, lebt er in seinen Filmen weiter, und das nicht nur, wenn er als Musterpädagoge Dr. Itard in Der Wolfsjunge die Wonnen und die Schrecken der Erziehung spürt oder als Regisseur Ferrand in Die amerikanische Nacht die nagenden Zweifel des Filmregisseurs an seiner Rolle ebenso wie deren lustvolle Befriedigung empfindet oder in Das grüne Zimmer sich in einer universellen Melancholie verliert.

Unvergessen ist Truffaut auch deswegen nicht, weil immer wieder versucht worden ist, sein Werk irgendwie fortzusetzen. Gerade Claude Miller, aber auch Olivier Assayas und andere, stehen im französischen Kino für Tendenzen, die irgendwie das Werk von François Truffaut fortführen könnten. Und könnten wir nicht auch bei uns in Deutschland – in der filmischen Handschrift etwa von Christian Petzold, im Stil und in der vielfältigen Themenpalette bei Andreas Dresen – Spuren eines wieder erwachenden «Truffaut-Touchs» finden?

Jedenfalls: Solange Truffaut-Filme noch gesehen werden, über seinen Beitrag zum Kino noch nachgedacht wird und solange man in den aktuellen Filmen nach Spuren seines Werkes sucht, solange ist François Truffaut noch nicht vollständig verschwunden. Und auch nicht die Liebe zum Kino, für die er steht.

Josef Schnelle

Gekürzter Auszug aus dem Buch Der Mann, der das Kino liebte. François Truffaut und seine Filme.

Hier geht es zu einem Geburtstagsporträt von François Truffaut.

1 Kommentar

  1. football bros

    Truffaut ist wirklich unvergesslich! Seine Filme bleiben tief berührend und inspirieren noch heute Regisseure wie Petzold und Dresen. Besonders Léauds Doinel-Interpretation ist legendär. Ein must-see für jeden Cinephile!

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