Wie ein junger Filmemacher zwischen Regengüssen beim Dreh in der Wüste und eigenen Kommunikationsproblemen das Kino für immer veränderte.
Der junge Filmemacher George Lucas hat einen Traum. Einen Traum von einer gewaltigen Weltraumoper, die sich selbst an Stanley Kubricks Epos 2001: Odyssee im Weltraum (2001: A Space Odyssey, 1968) messen lassen kann. Nur actionreicher. Mit einem Abschluss der USC (University of Southern California) und einigen experimentellen Kurzfilmen in der Tasche, sucht Lucas auch den kommerziellen Erfolg. Doch bis Krieg der Sterne in die Kinos kommen sollte, sind noch einige Hürden zu überwinden.

© 20th Century Fox
Erfolg mit American Graffiti
Mit einer 10.000-Dollar-Finanzspritze von United Artists beginnt Lucas mit Gloria Katz und Willard Huyck, zunächst American Graffiti zu schreiben. Es gelingt ihm, den Film bei Universal Pictures unterzubringen. 1973 kommt der Film in die Kinos und Lucas hat nun zwei Möglichkeiten: Zum einen will ihn Francis Ford Coppola für den von ihm produzierten Apocalypse Now als Regisseur. Zum anderen liegt da diese obskure Weltraumoper in der Schublade, an der Lucas seit Jahren herumbastelt. Lucas entscheidet sich für sein eigenes Projekt und Coppola ist sauer. Während der Apocalypse Now selbst angeht und in den philippinischen Dschungel zieht, versucht Lucas, seinen Film bei den Studios unterzubringen. Doch niemand versteht, was das alles soll.
Als sich American Graffiti zum Hit entwickelt und bei 777.000 Dollar Kosten 140 Millionen (2024 = ca. 995 Millionen Dollar) einspielt, kann Lucas neu verhandeln. Doch statt eine höhere Gage zu verlangen, wie ihm sein Manager rät, will Lucas Krieg der Sterne über seine eigene Lucasfilm produzieren. So hat er mehr Kontrolle und vor allem mehr Einblick in die Abrechnung. Außerdem sichert er sich das Recht auf die Fortsetzungen und sämtliche Merchandising-Rechte! Ein historischer Business Move.
Aber zunächst gilt es, ein verfilmbares Drehbuch zu verfassen. Gut zwei Jahre später steht die finale Drehbuchfassung: «The Adventures of Luke Starkiller as taken from the Journal of the Whills, Saga I: The Star Wars». Später ändert Lucas Lukes Namen zwar noch von Starkiller in Skywalker und auch der Titel wird zunächst verkürzt zu «The Star Wars» und schließlich zu Star Wars, aber die Produktion kann in die nächste Phase gehen.
Endlich: Drehbeginn!
Mit einem Cast aus Jungschauspielern (Mark Hamill, Harrison Ford, Carrie Fisher) und Altstars (Sir Alec Guinness, Peter Cushing) geht es in den ersten Teil der Dreharbeiten für nach Tunesien. Ursprünglich als Dschungelplanet gedacht, hat Lucas nach reiflicher Überlegung keine Lust, monatelang in den Tropen zu drehen. Kurzerhand schreibt er den Planeten in einen Wüstenplaneten um. Drehbuchmagie! Am 22. März 1976 beginnt der Dreh in Chott el Djerid nahe der Sahara.

im Death-Valley-Nationalpark in Kalifornien gedreht.
© National Park Service (NPS) / Wikimedia Commons
Doch schon am ersten Drehtag geht ein gewaltiges Unwetter nieder und es regnet für mehrere Tage. 50 Jahre hatte es dort nicht mehr geregnet. Viele Kulissen werden beschädigt oder ganz weggeschwemmt: «Die Sets wurden weggeblasen. Ich habe nichts drehen können. Es war ein Desaster», kommentiert Lucas den kleinen Weltuntergang.
Dann kehrt die Hitze zurück. Requisiten funktionieren nicht, Temperaturen und Sand setzen Technik und Crew zu, Sandstürme zerstören u. a. den Sandcrawler, der in einer Nacht-und-Nebel-Aktion wieder zusammengezimmert werden muss. Vor allem leiden Anthony Daniels und Kenny Baker, die als C-3PO und R2-D2 zwar berühmt werden, aber in ihren blechernen Rüstungen Qualen leiden. Noch dazu schneidet sich Daniels früh im Dreh an seinem scharfkantigen Kostüm tief in den Fuß. Und Baker bzw. R2-D2 hat es mit seinen kleinen Rädchen nicht einfach, auch nur einen Meter geradeaus zu rollen, obwohl ihm Bretter helfen sollen.
99 Sandcrawlers auf ihrem Weg zum Horizont…
Dass die lokalen Behörden und Helfer ihren eigenen Rhythmus haben und sich deren Mentalität von der der amerikanischen Crew wie Tag und Nacht unterscheidet, sorgt nicht selten für Verständigungsprobleme und Meinungsverschiedenheiten. Auch ist es ein wiederkehrendes Problem, Crew und Darsteller mit Wasser und Essen zu versorgen.
Angeblich kommt es sogar beinahe zu einem internationalen Zwischenfall, als Nachbarland Libyen das 1:1-Modell des (halben) Sandcrawlers, der unbewusst Nahe der Grenze steht, für ein militärisches Fahrzeug hält. Militärischen Maßnahmen werden angedroht, sodass die tunesische Regierung die Filmcrew auffordert, die Kulissen weiter ins Landesinnere zu verlegen. Lucas kann jedoch mit etwas Extrageld von 20th Century Fox und einigen Zusatztagen im Death Valley der Mojave-Wüste Kaliforniens zusätzliche Aufnahmen machen, die die Illusion erzeugen, dass der Sandcrawler mobil ist (was er als Miniaturmodell auch ist).
Kommunikationsprobleme in London
Erschöpft geht es in die Elstree Studios bei London. In England steht der mit 14 ½ Wochen kalkulierte größte Teil des Drehs von Krieg der Sterne an. Alle hoffen, dass in dieser kontrollierbaren Umgebung Zeit aufgeholt werden kann und alles etwas sorgenfreier abläuft. Über 30 Sets werden hier aufgebaut. Der Platz reicht jedoch bei Weitem nicht aus und so muss für die Rebellenbasis in die gut 40 Kilometer entfernten Shepperton Studios ausgewichen werden.
Kameramann Gilbert Taylor stellt vor Ort erschrocken fest, dass die Kulissen – vor allem der Todesstern – von Designer John Barry extrem düster gehalten wurden. Taylor muss improvisieren.
«Die Kulissen waren alle schwarz und grau und boten überhaupt keine Möglichkeiten für die Ausleuchtung. Meine Arbeit bestand darin, Löcher in die Wände zu schneiden und die Beleuchtung in die Kulissen einzubauen. Das Ergebnis war ein ‹Cut-out›-System für die Beleuchtung mit Quarzlampen, die wir in die Wände, die Decke und den Boden einsetzen konnten.»
Der Kameramann fürchtet, von der Fox gefeuert zu werden, doch das Studio schlägt sich auf seine Seite und sagt Lucas, dass das so nicht geht.
«Also konzentrierte sich George auf die Schauspieler, während ich mich
um meinen Teil kümmerte. Dank dieses Beleuchtungskonzepts konnte George in fast jede Richtung drehen, ohne das Licht neu einstellen zu müssen, was ihm mehr Freiheit gab. Aber er sprach trotzdem nicht wirklich mit mir. Er war sehr mit sich selbst beschäftigt.»
Was übrigens auch die Darsteller verrückt macht.
«Er sprach nur sehr selten mit jemandem, es sei denn, er gab direkt Anweisungen, und selbst dann nicht sehr viel. Sowohl die Schauspieler bei American Graffiti als auch bei Krieg der Sterne beschwerten sich, dass er nicht genug sagte, um ihnen ein Feedback zu geben. Das stimmte nicht ganz, aber es kam oft vor, dass er nur sagte: ‹Versuchen wir es noch einmal ein bisschen schneller.› Das war so ziemlich die einzige Anweisung, die er jemandem gab.»
Irgendwann platzt Harrison Ford der Kragen und er schleudert seinem Regisseur ein «George, diese Scheiße kann man vielleicht in die Maschine tippen, aber drehen kann man sie auf gar keinen Fall!» entgegen. Am Ende übernimmt Produzent Gary Kurtz die Kommunikation und sagt den Darstellern immer mal wieder, dass alles toll sei und sie gute Arbeit leisten.
Doch die Probleme am Set von Krieg der Sterne nehmen damit noch kein Ende…
Renatus Töpke
Wie es mit der Produktion von Krieg der Sterne weiterging, können Sie im Buch The Shark Is Not Working nachlesen.
Im Buch gibt es weitere unterhaltsame Produktionsdesaster-Geschichten von Filmen wie TITANIC, DER WEISSE HAI und DER HOBBIT.
Hier geht es zu SetLifeCrisis, dem begleitenden Podcast zum Buch, in dem Sie teilweise unveröffentlichte Desaster-Geschichten hören können.

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