Open Air, im Zelt oder auf der fahrenden Leinwand

Kino ist ein Ereignis. Heute wie vor hundert Jahren. In Afrika ebenso wie in Europa oder Asien. Wer an Kino denkt, dem fallen vermutlich als erstes opulente Säle mit roten Samtsesseln ein. Doch wahres Kinoerlebnis ist viel mehr als das. So unterschiedlich die Filme und Genres, so unterschiedlich sind auch die Orte, die Kinomacher für ihre Vorführungen nutzen.

Einige beeindruckende Beispiele ausgefallener Kinos fand Regisseur Uli Gaulke. Für seinen Film Leinwandfieber – Comrades in Dreams besuchte er vor einigen Jahren filmbegeisterte Menschen, die das Kinomachen zu ihrer Aufgabe gemacht haben (die DVD ist bei AL!VE erschienen). Er reiste unter anderem durch Nordkorea, Indien und Burkina Faso und erzählt vom Kinoenthusiamus jenseits der Multiplexe, in Gegenden, in denen Filmvorführungen noch ein Ereignis sind.

Comrades in Dreams: Zeltkino in Indien

Kino in Nordkorea

So ist zum Beispiel der Inder Anup mit drei Lastwagen, die mit tonnenweise Eisenstangen, Zeltplanen und Tauen beladen sind, in der indischen Provinz Maharashtra unterwegs. Wieder und wieder baut er sein Kinozelt auf und ab und führt Bollywood-Epen vor. Egal wo Anup mit seinem Tross auftaucht: Die Aufregung ist riesig.

Die Nordkoreanerin Han Yong-Sil macht in einem Veranstaltungssaal der Farm-Kooperative von Chong­san-Ri Kino für die Landarbeiter, die keine Chance haben ein «echtes Kino» zu besuchen.

Lassane, Luc und Zakaria betreiben ein Open-Air-Kino am Rande von Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso. Mit Mofas holen sie die Kinorollen ab, um den Bewohnern ein einzigartiges Kinoerlebnis zu ermöglichen. Egal in welchem Land: Die Kinomacher sind passionierte Filmfans und leben ihre Kinoleidenschaft gegen viele Widerstände und Unwägbarkeiten.

Filmvorführung auf der Piazza Grande in Locarno (Quelle: myswitzerland.com)

Besondere Kinoorte

Solche besonderen Kinoorte und passionierten Vorführer gibt es auch in Europa. Einer der vermutlich bekanntesten Spielorte für Open-Air-Kino ist die Piazza Grande in Locarno. Regelmäßig im August wird die kleine Stadt in der Schweiz zur Metropole des Autorenfilms. Dann besuchen insgesamt rund 160 000 Gäste das Städtchen und schauen sich gemeinsam auf der Piazza Filme in ganz spezieller Kulisse an. Das Festival in Locarno gehört zu den ältesten Filmfestspielen der Welt, seine Premiere hatte es 1946.

Nicht ganz so alt und ehrwürdig, aber ähnlich beliebt sind die vielen Open-Air-Kinos in Deutschland. Überall versammeln sich auch hierzulande im Sommer die Menschen vor Outdoor-Kinoleinwänden. Und bei Regen sitzen die Besucher eben auch mal dicht gedrängt unter Schirmen.

Dieses Problem haben die verschiedenen Zeltkinos nicht. Es gibt sie auf Hiddensee und Usedom ebenso wie im hessischen Schlüchtern oder in Würzburg, um nur ein paar zu nennen.

Egal ob Open Air, im Zelt oder auf der fahrenden Leinwand – durch einen solch besonderen Ort wird Kino nicht nur zum Filmerlebnis sondern zu einem Gesamtkunstwerk.

Sybille Möckl