Panoramen, Planetarien und Kuppelkinos

Bewegte Bilder können nicht nur plan auf einer Kinoleinwand oder einem Bildschirm gezeigt werden. 3D-Filme, die die Illusion der Räumlichkeit steigern sollen, hat wohl jeder schon mal gesehen. Aber seit den Anfängen des Kinos haben Tüftler auch andere Möglichkeiten der Illusionssteigerung ausprobiert, etwa mehrere Leinwände nebeneinander oder gar 360°-Projektionen.

Werfen wir mit der Filmhistorikerin Maren Kießling einen Blick zurück in die Geschichte der Kinoillusion.

Panoramen

Zylindrische Panoramen mit gemalten oder fotografischen Abbildungen gab es bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts, und diese waren ein Publikumsliebling. Durch einen dunklen Gang gelangte man über eine spiralförmige Treppe auf die runde Aussichtsplattform in der Mitte der Rotunde. Dort offenbarten sich dem Publikum Landschaftsszenen von fernen Orten, Stadtan- und übersichten oder Kriegsschlachten im 360°-Rundumblick. Bei den sogenannten ‹moving panoramas› wurden vor den Augen des Publikums auf riesigen Leinwänden gemalte Landschaften vorbeigezogen, was den Eindruck von Bewegung vermittelte. Zur Pariser Weltausstellung 1900 überraschte etwa Raoul Grimoin-Sanson sein Publikum mit seinem von Jules Verne inspirierten «Panorama der Vollimmersion». Er lud das Publikum mit seinem Cinéorama in ein 360°-Bewegtbild-Panorama ein – eine dekagonförmige Halle (mit einem Durchmesser von 30 Metern) ganz in der Nähe des Eiffelturms. Die Zuschauerplattform war getarnt als riesige Gondel mit angedeutetem Ballon darüber. Unter der Plattform verbarg sich die Projektionskonstruktion mit zehn Filmprojektoren.

Planetarien

Die hemisphärische Bildprojektion entwickelte sich in Deutschland um 1923: Das ‹Wunder von Jena›, ein Sternenprojektionsapparat, konnte in einer Kuppel über die Köpfe des Publikums Sternbilder und Planeten projizieren. Hier wurde bereits bewusst, dass das Potenzial dieser Art von Darstellung über die reine Wissensvermittlung hinausreichte. Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten waren denkbar.

Cinéorama zur Pariser Weltausstellung 1900

Mit Start in München 1925 eröffneten bis 1930 elf weitere Planetarien in Deutschland und sieben außerhalb Deutschlands, z. B. in Rom, Moskau, Chicago und Stockholm.

Ciracarama

1955 stattete Disney sein Tomorrowland in Anaheim, Kalifornien, mit dem Circarama aus: Neun Projektoren bespielten die Leinwände über den Köpfen des Publikums. Im Zuschauerraum konnten sich bis zu 300 Personen frei bewegen. Die drei Meter hohe umlaufende Leinwand war allerdings in neun Segmente unterteilt, die jeweils durch einen schmalen Spalt für die Projektoren getrennt waren. Außerdem schien das Ganze auch wegen der zusätzlichen Schautafeln unterhalb der Leinwände und der sichtbaren Ein- und Ausgänge eher einem Ausstellungskonzept zu gleichen. Gezeigt wurden kurze Reisefilme u. Ä. wie A Tour of the West (US 1955), America the Beautiful (US 1958), Flight to the Moon (US 1974), All Because Man Wanted to Fly (US 1984). Der Erfolg war groß, und so gab es ab 1958 fast bei allen Weltausstellungen ein 360°-Panorama.

Die Zukunft

Die Entwicklung der visuellen und narrativen Inhalte in den zylindrischen und hemisphärischen Bewegtbildpanoramen war im Laufe der Jahre bestimmt durch ihre Wurzeln, ihr Umfeld und den technologischen Fortschritt. Vor allem mit der neuen digitalen Technologie und den damit einhergehenden neuen Impulsen wurde bewusst, welche Möglichkeiten Fulldome besitzt: die Zuschauer/-innen zum Staunen zu bringen und Wissen zu vermitteln, aber auch die Möglichkeit, das Publikum in eine Geschichte hineinzuziehen.

Maren Kießling
Dieser Artikel ist ein stark gekürzter Beitrag aus der Ausgabe 63 (Zukunft) des Jahrbuch Cinema