Gespräch mit Josef Rusnak über das Filmemachen in Deutschland und den USA

Der Filmregisseur und Drehbuchautor Josef Rusnak wurde am 25. November 1958 geboren. 1984 debütierte er mit Kaltes Fieber, wofür er mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Zu seinen Filmen gehören weiter The Way We Are mit Hilary Swank, The 13th Floor und The Contractor mit Wesley Snipes.

Was ist der Unterschied zwischen den USA und Deutschland im Bezug auf die Film- und TV-Serienproduktion?

Josef Rusnak Alles, was wir im deutschen Serienbereich sehen, gibt es bereits seit fünf bis sieben Jahren im internationalen Markt zu sehen und zu kaufen. Es sind nachempfundene englische oder amerikanische Formate. Das geht bis zu den großen Fernsehshows. Alles ist lizensiert oder einfach nur abgekupfert. Was dann übrig bleibt ist die Kopie, oder das Allgemeine, nie das Besondere oder Einzigartige, das Neue. Experimente werden nur im Ausland gemacht.

Was wird an deutschen Regisseuren geschätzt?

Die Deutschen in Hollywood werden nicht eingesetzt, um dort Die Buddenbrooks oder eine Literatur-Verfilmung von Faulkner zu drehen. Dafür holen die sich einen Briten. Die holen sich die Deutschen, um politisch brisante Sachen zu machen, Thriller oder Horrorfilme. Der Horrorfilm zehrt immer noch von der deutschen, expressionistischen Tradition. Deutsche Filmemacher wissen einfach, was Horror ist.

Josef Rusnak (Foto: Frank Hensel)

Kommen deutsche Regisseure auch deshalb oft gut klar in Hollywood, weil sie den Ruf haben, aus einem kleinen Budget etwas Großes zaubern zu können?

Viele deutsche Regisseure schlagen ganz hart auf, weil sie glauben, in Amerika als Regisseur nicht austauschbar zu sein. Da herrscht aber eine andere Struktur und Hierarchie. Du musst den Regeln folgen: Du hörst zu, nimmst ernst, was deine Auftraggeber zu sagen haben, und du musst begreifen, dass deine Funktion als Regisseur eine ist, die es bereits vor dir gab, ein Job den du ausfüllst. In Amerika geht es nur um Profit. Daran wirst du gemessen. Man ist nur so erfolgreich wie das Einspielergebnis des letzten Films. Viele Leute, die in L.A. waren, haben versucht, das, was sie an Erfahrung in Hollywood, im Geschäft, gelernt haben, in Deutschland zu verarbeiten und anzuwenden. Und dann treffen sie auf Betonwände. Ich würde mir wünschen, dass diese Membran, diese Schnittstelle Deutschland-Hollywood, durchlässiger würde.

Was gibt es noch für Unterschiede und Eigenheiten?

Das Starsystem in den USA erfordert, dass Filme so schnell und optimal wie möglich eingefahren werden. Ein Star kostet oft ein vielfaches der gesamten Produktion. In Deutschland ist der Zeitfaktor nicht der wichtigste Punkt.

Wenn man sich mit den Leuten, mit denen man auf jeder Ebene zu tun hat, die Executives, die Autoren, Kameraleute, Kostümbildner, wenn man sich mit ihnen über den Stoff austauscht, spricht man sehr schnell über das Eigentliche des Stoffes. Man erzählt eine Komödie um Spaß zu haben, um zu überraschen, um einfach eine gute Zeit zu haben. Man erzählt einen Thriller um Angst zu erzeugen, es geht um Verschwörungen, um Paranoia, um Shocking Moments. In Deutschland reicht das nicht. Man braucht ein Anliegen, ein Problem, das mittransportiert wird, eine Moral. Ich glaube, dass wir in Deutschland immer das Gefühl haben, wenn wir schon öffentliche Gelder für einen Film ausgeben, dann sollten wir auch dem Zuschauer etwas mit nach Hause geben, was eine klare Botschaft hat. Im amerikanischen Genrefilm ist die Erfahrung des Filmes allein der Beweggrund. Und das reicht. Es hat auch früher in Deutschland gereicht, in den 1920er und 1930er Jahren, aber das tut es heute offenbar nicht mehr.

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